Mit dem Wiedereinstieg in das Schulleben werden zahlreiche Volksschüler nach zweimonatiger Pause wieder als selbstständige Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr unterwegs sein. Das KFV bittet Verkehrsteilnehmer um erhöhte Vorsicht und rät Eltern, den Schulweg vor dem Start nochmals gemeinsam zu üben und mit den Kindern über die situationsbedingten neuen Verhaltensweisen zu sprechen.
Wien, 11. Mai 2020. Nach zwei Monaten Homeschooling werden Österreichs Schüler am 18. Mai in den Präsenzunterricht zurückkehren. Zahlreiche Schüler, darunter rund 340.000 Volksschüler, sind dann wieder – unter herausfordernden Bedingungen – im Straßenverkehr unterwegs. „Ein Teil der Kinder hat vor der Corona-Krise gerade erst gelernt, sich selbstständig durch den Straßenverkehr zu bewegen, was schwierig genug ist“, gibt Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter der Verkehrssicherheitsforschung im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV), zu bedenken.„Nun müssen sie mit zusätzlichen Einflüssen umgehen: mit dem Bewegungsdrang nach Wochen der eingeschränkten Möglichkeiten, mit dem Wunsch nach Spaß und Tratschen mit den Freunden – und gleichzeitig sollen sie Abstand halten und in den öffentlichen Verkehrsmitteln Masken tragen. Auf die Kinder prasselt vieles ein, was sich auf ihr Verhalten im Straßenverkehr negativ auswirken kann.“ In „normalen“ Zeiten verunglücken in Österreich jeden Tag acht Kinder im Straßenverkehr. Im Vorjahr starben insgesamt 16 Kinder bis 14 Jahre bei Verkehrsunfällen, wobei acht davon als Fußgänger bzw. mit Micro Scooter unterwegs waren. Vier Schüler befanden sich auf dem Schulweg als sich der Unfall ereignet hat. Robatsch appelliert daher an das Verantwortungsgefühl der Erwachsenen: „Wenn alle Verkehrsteilnehmer noch mehr als bisher aufeinander Rücksicht nehmen und füreinander mitdenken, kann auch die aktuelle ungewöhnliche Situation im Straßenverkehr ohne ein Plus bei den Unfällen gemeistert werden.“
Jetzt Schulweg üben!
Eltern sollten mit kleineren Kindern jetzt den Schulweg unter den neuen Bedingungen noch einmal üben und – natürlich auch mit größeren Kindern – darüber sprechen, wie sie sich in dieser Situation fühlen: Wie gehe ich mit der Abstandsregel um, wenn ich meine Schulfreunde treffe? Sehe ich mit dem Mund-Nasen-Schutz im Straßenverkehr überhaupt genug? Wann muss ich den Schutz aufsetzen und wann kann ich ihn abnehmen?
Die Risiken nach der Schulauszeit
Jüngere Kinder müssen sich nach Auszeiten von der Schule immer wieder aufs Neue im Straßenverkehr zurechtfinden, bis die wichtigsten Automatismen verinnerlicht sind – zum Beispiel das Stehenbleiben an der Gehsteigkante, bevor die Straße überquert wird. Erst mit etwa 14 Jahren sind alle notwendigen kognitiven Fähigkeiten fertig ausgebildet. Die vergangenen Wochen waren für die Kinder noch dazu keine entspannenden Ferien, sondern ein verordnetes Zuhausebleiben – ohne die Möglichkeit, sich draußen nach Lust und Laune zu bewegen und mit Freunden herumzutollen. Wenn Kinder wieder vermehrt zu Fuß oder mit dem Scooter unterwegs sind, kann vor allem die Abstandsregel zu Problemen führen. Alle bisher erlernten Verhaltensweisen müssen in einen neuen Zusammenhang gestellt werden, wodurch es beispielsweise passieren kann, dass Kinder einfach vom Gehsteig auf die Straße treten, weil sie sich an die Abstandsregel halten wollen und dabei die Gefahr abseits des Gehsteigs vergessen. Verstärkt wird dieses Risiko, wenn Kinder mit Freunden unterwegs und dadurch abgelenkt sind und der Bewegungsdrang über die Vorsicht siegt.
Kinder haben immer Vorrang!
Erwachsene Verkehrsteilnehmer sollten im Zuge der anstehenden Schulwiedereröffnung noch mehr Rücksicht auf Kinder nehmen als sonst, mit übermütigen Verhaltensweisen der Kinder rechnen, nachsichtiger sein und vorausschauend gehen und fahren! Auch die Erwachsenen müssen sich daran gewöhnen, dass wieder mehr auf den Straßen los ist. Das heißt: Geschwindigkeiten einhalten, Ablenkungen vermeiden und den Vorrang von Kindern berücksichtigen.
KFV-Tipps für die Vorbereitung auf Schul- und Freizeitwege
- Sprechen Sie mit Ihrem Kind über das richtige Verhalten im Straßenverkehr und wie die neuen Herausforderungen, wie das Abstandhalten, gefahrenfrei berücksichtigt werden können.
- Üben Sie den Schulweg schon jetzt mit den geltenden Regeln – Abstand halten, richtiges Verwenden von Mund-Nasen-Schutz in den öffentlichen Verkehrsmitteln.
- Sehen Sie sich bisherige Gefahrenstellen am Schulweg genau an: Hat sich hier durch die aktuelle Situation etwas verändert? Sind durch die Abstandsregel vielleicht neue Gefahrenstellen entstanden (z. B. wenig Platz am Gehsteig)?
- Arbeiten Sie gemeinsam mit Ihrem Kind Verhaltensmöglichkeiten aus: Was mache ich, wenn ich Freunde sehe? Wie verhalte ich mich in der Freundesgruppe zwischen anderen Verkehrsteilnehmern? Wie gehe ich mit Ablenkungen, zum Beispiel durchs Smartphone, um?