In Österreich sind im Vorjahr 3.099 Menschen bei Unfällen getötet worden, wie die aktuellen Auswertungen der KFV-Unfallbilanz 2022 zeigen. Das ist der höchste Wert seit 1994, als 3.250 Personen tödlich verunglückt sind. Ein hoher Anteil der Unfalltoten entfällt auf die Altersgruppe 65+ Jahre. Hier verstarben in den vergangenen Jahren besonders viele Menschen an den Folgen eines Sturzunfalles in den eigenen vier Wänden. Auch die Zahl der verletzten Menschen in Österreich, die nach einem Unfall im Spital behandelt werden mussten, stagniert im Jahr 2022 weiterhin auf hohem Niveau bei rund 735.000 Personen. Die häufigsten Verletzungen ereigneten sich im Haushalt (42%) und in der Freizeit (33%), gefolgt von Arbeit/Schule (14%) und Straßenverkehrsunfällen (11%).
Wien, 17. August 2023. Die Unfallbilanz 2022 zeigt dringenden Handlungsbedarf: „Seit fast 30 Jahren gab es in Österreich nicht mehr so viele Menschen, die an den Folgen eines Unfalles in Österreich gestorben sind. Die Zahl der Unfalltoten ist im Vorjahresvergleich noch einmal um neun Prozent auf 3.099 Personen gestiegen und markiert damit ein 28-Jahreshoch. Österreich sollte daher seine Maßnahmen in der Unfallprävention deutlich erhöhen“, erklärt Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin des Bereichs Sport- und Freizeitsicherheit im KFV. Wie die Analyse der Todesursachenstatistik zeigt, sind zudem Unfälle, die nicht kategorisiert (also keiner bestimmten Unfallursache zugeordnet wurden) deutlich gestiegen. Offenbar deshalb, weil die Unfallursachen in den Totenscheinen nicht oder zu vage vermerkt werden. „Österreich sollte auch bei Unfällen von alleinstehenden Personen ohne Fremdverschulden den Ursachen besser auf den Grund gehen, denn für die Präventionsarbeit ist dieses Wissen sehr wichtig. Nur so können wirksame Maßnahmen evaluiert und eingeleitet werden“, fordert die Expertin.
Straucheln und Stolpern: Bereits ein Viertel aller tödlichen Stürze passiert zu Hause
Beachtlich ist die Zahl der verstorbenen Menschen nach einem Sturz: Bei Stürzen sind im Jahr 2022 in Österreich 1.006 Menschen ums Leben gekommen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von zwölf Prozent und im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019 (also der Vor-Corona-Ära) ein Plus von 14 Prozent. „Von Sturzunfällen sind ältere Menschen besonders häufig betroffen, wobei bei Männern die Gefahr für tödliche Stürze bereits ab 50 Jahren deutlich zu steigen beginnt, bei Frauen etwas später. Zudem ereignet sich bereits mehr als ein Viertel aller tödlichen Stürze zu Hause. Hauptgründe sind Straucheln, Stolpern und Ausgleiten, gefolgt von Unfällen auf Stufen und Treppen“, erklärt Dr. Trauner-Karner.
Rund 16.300 Unfallopfer wurden befragt
Dass die Prävention bei Haushaltsunfällen weiter verstärkt werden muss, zeigt auch der Blick auf die Statistik der bei Unfällen verletzten Personen, die Krankenhausbehandlungen in Anspruch nehmen mussten: Insgesamt wurden im Vorjahr mehr als 735.000 Personen im Krankenhaus behandelt, wie aktuelle Auswertungen im Rahmen von KFV IDB-Austria zeigen. Im Zuge dieser jährlich stattfindenden Erhebung wurden allein im Vorjahr in ausgewählten Spitälern in Österreich insgesamt rund 16.300 Interviews mit Unfallopfern geführt, die stationär oder ambulant nachbehandelt werden mussten. Im Anschluss werden die Ergebnisse hochgerechnet. Durch diese Erhebungsmethode kann beispielsweise auch die hohe Dunkelziffer bei Alleinunfällen erfasst werden, die in offiziellen Unfallstatistiken nicht aufscheint. Zudem lassen die Befragungen auch wichtige Aufschlüsse über den genauen Unfallhergang zu, was für die Präventivarbeit sehr wichtig ist. Laut KFV IDB-Austria verursachten Haushaltsunfälle im Vorjahr die meisten Verletzten (42%), gefolgt von den Bereichen Freizeit/Sport (33%), Arbeit/Schule (14%) und Verkehr (11%). Wie die Auswertungen nach Altersgruppen zeigen, sind alle Generationen von Verletzungen nach Unfällen relativ betroffen, wobei sich die Behandlungskosten der Verletzten auf circa 2,58 Milliarden Euro beliefen.
„Bodenbeläge und Treppen sollten rutschfest sein und regelmäßig auf Beschädigungen und andere Stolperfallen überprüft werden. Sehr zu empfehlen ist auch festes Schuhwerk sowie die unmittelbare Entfernung von verschütteten Flüssigkeiten oder herumliegenden Kabeln“
Bei Unfällen im Haushalt wurden 306.000 Personen verletzt, fast 220.000 davon aufgrund von Sturzunfällen. „Die Sturzprävention zu Hause wird auch aufgrund der Alterung der Gesellschaft immer dringender für Österreich. Bodenbeläge und Treppen sollten beispielsweise rutschfest sein und regelmäßig auf Beschädigungen und andere Stolperfallen überprüft werden. Beim nächtlichen Gang zur Toilette können Lichtsensoren die Sicherheit spürbar erhöhen. Sehr zu empfehlen ist auch festes Schuhwerk sowie die unmittelbare Entfernung von verschütteten Flüssigkeiten oder herumliegenden Kabeln“, empfiehlt Dr. Trauner-Karner. „Parallel zu den Vorsichtsmaßnahmen ist es aber vor allem für ältere Personen auch sehr wichtig, körperlich aktiv zu bleiben, um möglichst lange den Haushalt selbständig verrichten zu können“, lautet ein weiterer Ratschlag der Präventionsexpertin.
Tipps zur Minimierung von Sturzunfällen:
- Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität trägt zur Erhaltung der Muskelkraft und des Gleichgewichts bei und reduziert damit das Sturzrisiko.
- Augenuntersuchung: Regelmäßige Augenuntersuchungen sind wichtig, um Sehprobleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Klare Sicht trägt maßgeblich dazu bei, Hindernisse und potenzielle Stolperfallen zu erkennen.
- Nebenwirkungen: Manche Medikamente können Schwindel oder Benommenheit verursachen und somit das Sturzrisiko erhöhen. Bei Anzeichen von Nebenwirkungen sollte medizinischer Rat eingeholt werden.
- Stolperfallen beseitigen: In Wohnräumen sollten lose Teppiche, Kabel, ungesicherte Teppichkanten und andere Stolperfallen entfernt werden.
- Hilfsmittel nutzen: Haltegriffe an Treppen und in der Dusche können die Sicherheit erhöhen. Bei Bedarf sollten Gehhilfen wie Gehstöcke oder Rollatoren verwendet werden, um das Gleichgewicht zu unterstützen und die Mobilität zu verbessern.
- Vitamin D und Calcium: Eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D und Calcium kann, falls notwendig und medizinisch verordnet, die Knochengesundheit fördern und das Risiko von Knochenbrüchen bei Stürzen reduzieren.
- Wetterbericht: Besondere Vorsicht ist bei regnerischem oder eisigem Wetter geboten, wenn Wege rutschig oder vereist sind. Auch Hitzetage oder wechselhaftes Wetter können die Tagesverfassung beeinträchtigen und das Sturzrisiko erhöhen. Nähere Informationen dazu finden sich unter: https://sturzwetterwarnung.at/