Spektakuläre Fotos von brennenden E-Fahrzeugen gibt es im Netz bereits viele, noch relativ wenig ist aber rund um das tatsächliche Gefahrenpotential von E-Autobränden bekannt: Brennen Sie schneller als herkömmliche Autos? Welche Gefahren bestehen für Insassen oder Einsatzkräfte? Wie wird ein E-Fahrzeug effizient gelöscht? Wie kann ich vorbeugen? Experten des KFV und der BVS klären Fakten und Mythen rund um die Brandauswirkung von E-Fahrzeugen.
Mit der schnell wachsenden Zahl von alternativ angetriebenen Fahrzeugen häufen sich gleichzeitig Berichte über fahrzeugtechnisch bedingte Brand-Vorfälle. Aber sind E-Autos tatsächlich so brandgefährlich wie ihr Ruf? Fakt ist, trotz eines Booms der E-Mobilität (im Jahr 2021 waren in Österreich rund 213.500 Elektro- bzw. Hybrid-Fahrzeuge auf Österreichs Straßen unterwegs – doppelt so viele wie im Jahr davor) unterscheiden sich E-Autos in Bezug auf ihre Brandgefahr und Brandauswirkungen nicht sonderlich von fossil betriebenen Fahrzeugen. Der Löschvorgang selber sowie umwelttechnische Gefahren sind bei E-Fahrzeugen komplexer.
Erhebung: Ängste höher als tatsächliche Gefahr
„Grundsätzlich sind batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge bei sogenannten Unfallbränden nicht mehr oder weniger gefährlich als Autos mit Verbrennungsmotoren, weil sie auch den gleichen Sicherheitsstandards genügen müssen“, so Dr. Armin Kaltenegger, Leiter des Forschungsbereichs Eigentumsschutz im KFV. „Dennoch werden sie, wie unsere Erhebungen zeigen, von der Bevölkerung als besonders gefährlich eingestuft“. Die KFV-Umfrage zeigt: In der Bevölkerung hält sich hartnäckig das Bild des E-Autos als rollende Feuergefahr, dieses bedrohliche Image spricht oft gegen eine Kaufentscheidung. So halten 41 Prozent der Befragten E-Autos für unsicher. Auch wenn über zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) die hohen Anschaffungskosten und die geringe Reichweite als Argumente gegen den Kauf eines E-Autos anführen, nennt immerhin ein Fünftel (22 Prozent) der Befragten Angst vor einem Autobrand als Beweggrund gegen die Kaufentscheidung.
Über ein Drittel der vom KFV befragten Bevölkerung (35 Prozent) macht sich große Sorgen wegen möglicher Schäden durch E-Auto-Brände, 44 Prozent der Befragten nennen den Autobrand als bekanntestes Risiko elektrisch betriebener Fahrzeuge. Statistisch nachweisbar sind diese Ängste nicht: Die statistischen Daten reflektieren keine größere Brandgefahr bei E-Autos als bei Pkw mit fossilem Antrieb.
Keine höhere Brandgefahr durch Elektroautos
Fast 1.800 Fahrzeugbrände im Jahr 2021 in Österreich, aber nur 2 explizit ausgewiesene Brände von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben: Weder hinsichtlich der Ursachen noch im Gefahrenpotenzial ist das Risiko eines Fahrzeugbrands bei E-Autos höher als bei herkömmlichen Fahrzeugen.
Ein Blick in aktuelle Statistiken belegt sehr klar, dass Elektrofahrzeuge keine höhere Brandgefahr aufweisen als Autos mit Verbrennungsmotoren: Laut einer finnischen Studie ist bei Elektroautos von einer Häufigkeit von 0,4 Bränden je 10.000 E-PKW auszugehen, bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren liegt dieser Kennwert bei 4,3 Bränden pro 10.000 konventionell angetriebenen PKW. Demnach wäre die Brandgefahr bei fossil betriebenen Fahrzeugen sogar um das Zehnfache höher als bei Elektrofahrzeugen; allerdings ist auch der Umstand zu berücksichtigen, dass sich mit den Elektroautos derzeit überwiegend neue oder sehr junge Fahrzeuge auf der Straße befinden, während die Autos mit Verbrennungsmotoren die gesamte Altersbandbreite abdecken. Gemäß der Einsatzstatistik des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes kam es vergangenes Jahr in Österreich zu insgesamt 1.793 Fahrzeugbränden (LKW und PKW) und somit zu durchschnittlich fast 5 Autobränden pro Tag. In der Statistik sind explizit aber nur 2 Brände von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben ausgewiesen.
„Grundsätzlich kann nie vollständig ausgeschlossen werden, dass sich ein Fahrzeug aufgrund eines Defektes selbst entzündet – das gilt für alle Antriebsarten“, erklärt dazu Dr. Günther Schwabegger, Mitglied des Vorstandes der BVS-Brandverhütungsstelle für OÖ. „Bei den Brandursachen besteht eine sehr hohe Deckungsgleichheit zwischen E-Autos und konventionell betriebenen Fahrzeugen. Meist handelt es sich um technische Defekte bei den Elektronikbauteilen oder im Bereich der Verkabelung. Auch Überhitzung kann bei E-Autos wie bei ‚Verbrennern‘ zur Brandentstehung führen.“ Sowohl die rein elektrisch betriebenen Autos (BEV, Battery Electric Vehicle) als auch Hybridfahrzeuge (PHEV, Plug-in Hybrid Electric Vehicle) sind mit einer Hochvoltbatterie für den Antrieb und einer „herkömmlichen“ 12-Volt-Batterie für den Betrieb der Elektronik und aller anderen Elektrobauteile wie z.B. der Beleuchtungsanlage, der Fensterheber uvm. ausgestattet. Die Ähnlichkeit der Niedervolt-Anlagen ist auch ein Grund dafür, weshalb E-Auto-Brände sich in den Ursachen und in den Auswirkungen deutlich weniger von den Bränden fossil betriebener Fahrzeuge unterscheiden als vielfach angenommen.
Hochvolt-Akkus sind besonders geschützt
Die Hochvolt-Akkus von Elektrofahrzeugen sind hingegen nur in den seltensten Fällen der Ausgangspunkt eines Fahrzeugbrandes und im Regelfall auch nicht davon betroffen. „Eine Beschädigung der leistungsstarken Batteriepacks stellt natürlich einen besonders kritischen Fall im Unfallgeschehen dar und wird daher durch die Konstruktion des Fahrzeuges so weit wie möglich ausgeschlossen“, erklärt Schwabegger: „Die Autohersteller betreiben einen sehr hohen Aufwand, um die meist im Unterboden der Fahrzeuge platzierten Akkus vor Deformation zu schützen. Liegt im System ein Defekt vor oder registriert die Crash-Sensorik einen Aufprall, wird zudem der Stromfluss unterbunden. Dies alles führt dazu, dass die Hochvolt-Akkus von Elektroautos nur selten von einem Brand betroffen sind, beziehungsweise selbst in Brand geraten.“
Kritisch kann es werden, wenn die Schutzmechanismen der Antriebsbatterie infolge eines schweren Unfalls verformt und damit beeinträchtigt worden sind. Im schlimmsten Fall können die Zellen in der Antriebsbatterie „durchgehen“. Das wäre der sogenannte „Thermal Runaway“ – dann brennt die Antriebsbatterie und muss durch die Feuerwehr mit viel Wasser gelöscht werden. Experimente haben aber mittlerweile gezeigt, dass die Brandintensität wenig von der Antriebsart, sondern von den verbauten Materialien abhängt, wie Schwabegger erklärt: „Der PKW befindet sich im Wandel, die Autos werden immer größer und beinhalten immer mehr Kunststoffteile. Der größere Anteil dieser Materialien in modernen Fahrzeugen ist der ausschlaggebende Faktor für eine erhöhte Rauch- und Wärmefreisetzung im Vergleich zu früher.“
Größerer Zeitaufwand bei E-Auto-Bränden
Während ein brennendes Benzin- oder Dieselfahrzeug heute kaum mehr für Schlagzeilen sorgt, verursachen brennende Elektroautos stets großes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Besonders wenn dabei die Hochvolt-Batterie in Brand gerät, weil es einfach länger dauert, sie zu löschen oder vor Wiederentzündung zu schützen. Anders als bei brennendem Treibstoff, dem die Einsatzkräfte meist durch Löschschaum den notwendigen Sauerstoff entziehen, ist laut Schwabegger bei Lithium-Ionen-Akkus aber Wasser das geeignete Löschmittel. „Bei einem Feuer wird die Energie vor allem im Inneren des Akkus freigesetzt, wo der Brand wie bei einem Dominoeffekt von Teilzelle zu Teilzelle überspringt. Um diesen zu löschen, hilft nur kühlen. Damit das gelingt, benötigt man in der Regel mehr Wasser als gewöhnlich – und da dieses kaum in das Batteriegehäuse eindringt, ist das Löschen eines E-Autos mit einem größeren Zeitaufwand verbunden.“
Generell ist festzuhalten, dass das Risiko eines Fahrzeugbrandes bei E-Autos nicht höher ist als bei herkömmlichen Fahrzeugen und auch hinsichtlich der Ursachen kaum Unterschiede bestehen. Demgemäß haben auch die gleichen Sicherheitstipps gegen Fahrzeugbrände Gültigkeit:
- Verzichten Sie an Ihrem Fahrzeug auf Selbstreparaturen. Lassen Sie Schweißarbeiten und Elektroinstallationen – besonders den Einbau von Musikanlagen – nur von Fachleuten durchführen!
- Bringen Sie bei Rauch- oder Brandentwicklung Ihr Auto sofort am rechten Fahrbahnrand zum Stehen und verlassen Sie das Fahrzeug unverzüglich!
- Führen Sie in Ihrem PKW immer einen Autofeuerlöscher mit und lassen Sie regelmäßig (zumindest alle zwei Jahre) dessen Funktionsfähigkeit kontrollieren!
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