Trendsport Mountainbiken im Check: KFV/ÖKAS Studie zeigt hohe Bedeutung von Schutzausrüstung und guter Fahrtechnik

520

Ob auf wurzeligen Trails, ausgeschilderten Forststraßen oder in Bike-Parks: Mountainbiken erlebt einen regelrechten Boom. Mit der Beliebtheit dieses Trendsportes steigen aber auch die Unfallzahlen – seit dem Jahr 2015 hat sich die Zahl verletzter Mountainbiker*innen mehr als verdoppelt. Jedoch könnten durch das Tragen passender Schutzausrüstung und die Verbesserung der Fahrtechnik viele Verletzungen verhindert werden. Eine aktuelle Studie des KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) und des ÖKAS (Österreichisches Kuratorium für Alpine Sicherheit) bietet Einblick in das Nutzungsverhalten und Unfallgeschehen. 

Wien, 07. April 2022. Mit den frühlingshaften Temperaturen startet auch wieder die Mountainbike-Saison. Gerade in den letzten Jahren wurde diese temporeiche Sportart zum Trend, welcher allerdings auch Gefahren birgt. Ein Blick auf die KFV-Unfalldatenbank Injury Database (IDB) Austria zeigt, dass sich jedes Jahr rund 6.500 Personen so schwer beim Mountainbiken verletzen, dass sie im Spital behandelt werden müssen – weitere sieben Personen sterben laut Alpinunfalldatenbank durchschnittlich an den Folgen ihrer Verletzungen. „Seit dem Jahr 2015 hat sich die Zahl verletzter Mountainbiker*innen mehr als verdoppelt – dies ist primär auf die wachsenden Ausübungszahlen zurückzuführen. Trotzdem ist es äußerst wichtig, sich den Gefahren beim Mountainbiken bewusst zu werden, um auch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen ergreifen zu können. Diese umfassen unter anderem eine solide Tourenplanung, die Verbesserung der eigenen Fahrtechnik und das Tragen passender Schutzausrüstung,“ erklärt Dr. Peter Paal, Präsident des ÖKAS. Die allermeisten Unfälle geschehen bei der Abfahrt (96%). Obwohl laut einer Online-Befragung von KFV und ÖKAS mit rund 2.000 Biker*innen nur 14 Prozent der Biker*innen angeben, Bike-Parks regelmäßig zu nützen, ist laut Alpinunfalldatenbank rund ein Drittel der Unfälle (32%) diesem Bereich zuzurechnen – das zeigt, dass die anspruchsvollen Abfahrten in Bike-Parks mit einem höherem Verletzungsrisiko verbunden sind. Die Schulter ist beim Biken am häufigsten von Verletzungen betroffen.

Männer mit Downhill-Fokus verunfallen häufiger    
„Unsere Studienergebnisse zeigen auch, dass der Trendsport mit einem Männeranteil von 77 Prozent immer noch Männerdomäne ist. Das spiegelt sich auch in den Unfallzahlen wider: 78 Prozent der Verletzten sind männlich, bei tödlichen Unfällen sind es sogar 98 Prozent. Unter den, seit 2015, 42 tödlich verunglückten Biker*innen starb eine Frau,“ erläutert Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin des Bereichs Sport- und Freizeitsicherheit im KFV. Die Befragung ergab zudem, dass Personen mit stärkerem Fokus auf Downhill, Thrill und Action häufiger verunfallen. Bezüglich der Unfallursache gibt rund die Hälfte (54%) der Biker*innen an, Fehleinschätzungen bzw. Fahrfehler gemacht zu haben (z. B. zu starkes Bremsen). Unerwartete Bodenbeschaffenheiten (z. B. Löcher oder Äste) verursachen ein Viertel (24%) aller Unfälle.

Hohe Geschwindigkeiten – hohe Risiken
Im Zuge von Geschwindigkeitsmessungen mit Seitenradargeräten hat sich gezeigt, dass durchschnittlich gesehen Biker*innen mit 29 km/h am schnellsten in Bike-Parks unterwegs sind (Trails: ø 24 km/h, Fahr-/Forstwege: ø 26 km/h). Mit bis zu 70 km/h wurden die höchsten Geschwindigkeiten jedoch auf Fahr- und Forstwegen gemessen – wobei hier im Besonderen die Breite und Geradlinigkeit der Wege zum Schnellfahren einlädt. Auf den meist selektiveren Trails sind die Geschwindigkeiten niedriger (ø 24 km/h, max. 37 km/h). Während 39 Prozent der Männer 30 km/h oder mehr beim Abfahren erreichen, sind es bei den Frauen nur 14 Prozent.

Häufigeres Tragen von Schutzausrüstung in Bikeparks
Allgemeines Gefahrenbewusstsein beim Biken zeigt die hohe Helmtragequote von 95 Prozent – das ging aus der Beobachtung seitens des KFV/ÖKAS von rund 662 Mountainbiker*innen hervor. Dass Bike-Parks mit vielen Sprüngen und Steilkurven ein höheres Risiko als andere Routen bergen, lässt sich auch am Tragen von Schutzausrüstung beobachten. Denn dort werden häufiger und vor allem mehr Protektoren getragen als auf Fahr/-Forstwegen und Trails. Dies gilt insbesondere für Knieschützer (79%), Vollvisierhelme (Helme mit Kinnbügel, 70%), Ellbogenschützer (47%) und Rücken- oder Rumpfprotektoren (45%). Auf Forstwegen und Trails tragen außer einem Helm nur wenige eine entsprechende Schutzausrüstung (Knieschützer 15%, Vollvisierhelme 2%, Ellbogenschützer 4%).

E-Antrieb boomt auch beim Mountainbiken – ABS ist noch Randthema    
Mittlerweile ist rund jede*r Fünfte mit einem E-Mountainbike unterwegs, wie die KFV/ÖKAS Befragung ergab. „Durch den E-Bike-Boom in den letzten Jahren ist der Anteil an E-MTB-Unfällen in den letzten Jahren (2015-2020) von ein auf elf Prozent gestiegen. Auch wenn bereits einige Hersteller ABS-Bremssysteme für E-MTBs anbieten, werden diese nur sehr selten verwendet. So sind unserer Umfrage zufolge weniger als 1 Prozent der E-MTBs damit ausgerüstet,“ so Paal.

Präventionstipps, um sicher durch die Mountainbike Saison zu kommen:

  • Solide Tourenplanung! Schwierigkeit der Tour an Fitness und Können anpassen. Wertvolle Hilfsmittel dafür sind (digitale) Fachliteratur und Kartenmaterial sowie diverse Navigations-Apps. Zeitdruck vermeiden und Intensität sowie Schwierigkeit der Touren nur langsam steigern.
  • Bike Check! Das Bike regelmäßig warten und einmal jährlich in einer Fachwerkstätte überprüfen lassen. Auf das Körpergewicht abgestimmte Dämpfer und ein auf den Untergrund angepasster Reifendruck bieten mehr Kontrolle.
  • Passende Schutzausrüstung verwenden! Helm, Sportbrille, Handschuhe, Knie- und Ellbogenschützer sollten beim Biken immer getragen werden. Bei anspruchsvollen Abfahrten bieten Rumpfprotektor und Vollvisierhelm zusätzlichen Schutz. Mit bunter Kleidung, Reflektoren und Klingel/Hupe auf sich aufmerksam machen.
  • Tempo kontrollieren! Geschwindigkeit der jeweiligen Situation anpassen. Stets aufmerksam und bremsbereit fahren, da jederzeit mit unerwarteten Hindernissen zu rechnen ist.
  • Fahrtechnik verbessern – Kursangebot nutzen! Dosiertes Bremsen, die richtige Abfahrtsposition, sicheres Kurvenfahren sowie kontrollierte Sprünge: All das lässt sich in MTB-Fahrtechnikkursen lernen, z. B. bei den alpinen Vereinen und Bike-Akademien.
  • Für den Notfall bereit sein – besonders dann, wenn man allein unterwegs ist! Die geplante Tour Angehörigen mitteilen. Mit einem vollen Handyakku starten, um im Ernstfall einen Notruf absetzen zu können (140 alpiner Notruf Österreich, 112 Euro-Notruf). Mit Notruf-Apps (z.B. SOS EU-Alp) lassen sich Standort und Gesundheitsdaten auf einfache Weise an die Rettungskräfte senden.
  • Rücksichtnahme auf Natur, Mensch und Tier! Nur für das Mountainbiken vorgesehene Wege benützen. Auf andere Wegnutzer*innen Acht geben. Beschilderung und Verhaltensregeln beachten (z. B. Wegsperren, Schutzzonen).