Alle 5 Minuten verunfallt in Österreich ein Kind – so die traurige Bilanz der heute vom KFV präsentierten Auswertungen zum Unfallgeschehen von Kindern. Rund 109.700 Kinder wurden im Jahr 2022 durch Unfälle verletzt; 22 Kinder starben an den Folgen dieser Unfälle. Neben Verkehrsunfällen dominieren in Österreich weiterhin Unfälle im häuslichen Umfeld. Das KFV fordert die Politik auf, Maßnahmen, die seit langem am Tisch liegen, endlich umzusetzen und sowohl im Straßenverkehr als auch im direkten Wohn- und Freizeitbereich mehr für die Gewährleistung der Sicherheit von Kindern zu tun. Das fordern auch Österreichs Kinder selbst, wie eine aktuelle KFV-Studie deutlich zeigt.
Wien, 09. März 2023. Im Jahr 2022 verletzten sich laut IDB-Austria rund 109.700 Kinder (2021: 95.300) unter 15 Jahren in Österreich so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. Das sind mehr als 300 Kinder täglich. Alle zweieinhalb Wochen stirbt ein Kind an den Folgen eines Unfalls.
Damit gehören Unfälle zu den höchsten Gesundheitsrisiken für Kinder. „Während kleine Verletzungen bei Spiel und Sport zur Entwicklung eines Kindes dazugehören, sind jene Unfälle, bei denen Kinder aufgrund mangelnder Sicherheitsmaßnahmen sterben oder bleibende Schäden davontragen, besonders bestürzend“, so KFV-Geschäftsführer Mag. Christian Schimanofsky. „Im Jahr 2022 verunglückten 22 Kinder[1] unter 15 Jahren tödlich. Davon kamen 13 Kinder im Straßenverkehr ums Leben, 1 Kind starb im Zuge eines landwirtschaftlichen Unfalls, 5 Kinder ertranken, 1 Kind starb im Zuge eines Rodelunfalls und 2 Kinder wurden durch ein Extremwetterereignis getötet“, so Schimanofsky.
Kindersicherheit: Österreich im EU-Vergleich nur auf Rang 10
Beim Thema Kindersicherheit rangiert Österreich im aktuellsten EU-Vergleich mit einer Inzidenz von 18 tödlich verletzten Kindern auf 1 Mio. Einwohner an zehnter Stelle (Eurostat 2023; Durchschnitt 2017-2019, EU-27, Aufbereitung KFV). Das ist zwar unter dem EU-Durchschnitt (Inzidenz 23), aber immer noch deutlich über Irland, dem Land, welches den niedrigsten Wert aufweist. „Trotz positiver Erfolge sind noch viele Anstrengungen notwendig, damit wir in Richtung Spitze Europas aufschließen. Hier sollten wir vom Reden weg zum Handeln kommen: Notwendige Maßnahmen für Österreich liegen auf dem Tisch – sie umzusetzen heißt Kinderleben retten“, so Schimanofsky. Konkret fordert das KFV die Festlegung einer klaren politischen Zuständigkeit in Österreich – gerne in Form eines Kinderschutzministeriums. Weiters müssen, mithilfe eines klaren Aktionsplans, Maßnahmen zur Prävention von Kinderunfällen in das Regierungsprogramm aufgenommen und vor allem umgesetzt werden. Als Beispiel: 2022 sind in Österreich 5 Kinder ertrunken, heuer schon 2, dennoch gibt es kein flächendeckendes Angebot an Schwimmkursen. Von klar umgesetzten Infrastrukturmaßnahmen, die Kindern eine sichere eigenständige Mobilität ermöglichen, ist Österreich weit entfernt.
Handlungsbedarf im Straßenverkehr!
Schulkinder sind täglich im Straßenverkehr unterwegs, zu Fuß, mit dem Auto, mit dem Fahrrad oder mit dem Scooter. Deshalb müssen die Sichtbedingungen auf die Größe und Bedürfnisse der Kinder angepasst werden. Für Kinder ist die Situation im Straßenverkehr unerträglich.
Zu hohe Geschwindigkeiten der Verkehrsteilnehmer, unzureichende Infrastruktur, um alleine sicher von A nach B zu kommen, oder einfach gar kein Raumangebot, um überhaupt z.B. Radfahren lernen zu können. LKW ohne Sicherheitstechnik beispielsweise gegen Tote-Winkel-Unfälle, langwierige Verfahren bei der Entschärfung von Gefahrenstellen, somit unsichere Schulwege, unzureichende Schutzwege und ein kinderfeindliches Verkehrsklima: Das ist die derzeitige Situation. „Die Straßeninfrastruktur orientiert sich in erster Linie an erwachsenen Verkehrsteilnehmern. Gerade beim Bau und bei der Erhaltung muss in Zukunft mehr Rücksicht auf die Bedürfnisse der Kinder genommen werden. In 71 Prozent der Fälle, ist das Kind nicht Unfallverursacher“, erklärt Dipl.- Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV. Im Jahr 2022 kamen auf Österreichs Straßen 13 Kinder ums Leben (vier als Fußgänger, ein Kind am Fahrrad, ein Kind am E-Scooter, ein Mopedunfall und 6 Kinder bei PKW-Unfällen).
Umgesetzte Präventionsmaßnamen wirken
„Erfolge durch gezielte Präventionsarbeit sind möglich. Eine dramatische Trendwende zeichnet allerdings das Jahr 2019. In diesem Jahr wurden bei Verkehrsunfällen sogar so viele Kinder getötet, wie schon sehr lange nicht mehr. Dieser Negativtrend wurde einzig durch die Corona-Pandemie gebremst. 2023 ist die Fortsetzung des Negativtrends wieder deutlich prognostizierbar und zeigt sich auch in anderen Lebensbereichen der Kinder“, schließt Robatsch.
Kinderwünsche: Mehr Sicherheit im Straßenverkehr und sichere Plätze zum Spielen
Fragt man die Kinder nach ihren Wünschen zur Verbesserung ihrer Lebensqualität und Sicherheit, sind sie sich einig: „Der Wunsch nach mehr Sicherheit im Straßenverkehr und sicheren Plätzen, um freier spielen zu können, steht ganz oben auf der Wunschliste aller durch die Eltern befragten Kinder“, so das KFV. In einer aktuell vom KFV durchgeführten Studie in Deutschland, Österreich und der Schweiz (n=2.619; 2022) sprechen sich darüber hinaus auch 52 Prozent der befragten Eltern in Österreich für strengere gesetzliche Maßnahmen, vor allem für den Straßenverkehr (A: 52%; CH: 47%; D: 42%), aus.
In Kürze:
- Im Jahr 2022 verletzten sich laut IDB-Austria rund 700 Kinder unter 15 Jahren in Österreich so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. 22 Kinder starben an den Folgen von Unfällen (vorläufige Daten).
- Beim Thema Kindersicherheit rangiert Österreich im EU-Vergleich an zehnter Stelle. Auf Platz eins befindet sich Irland.
- 2019 wurden in Österreich so viele Kinder im Straßenverkehr getötet wie schon sehr lange nicht mehr; dieser Trend wurde nur durch Corona gebremst. Aktuell zeichnet sich eine Fortsetzung dieses Negativtrends für 2023
- Aktuelle KFV-Studie (n=2.619; 2022) zeigt: Kinder wünschen sich mehr Rücksicht und Sicherheit; Eltern wünschen sich strengere gesetzliche Maßnahmen.
- Forderungen des KFV in Vertretung für die Kinder Österreichs: klare politische Zuständigkeit und ein konkreter Aktionsplan, Kindersicherheit in das Regierungsprogramm u.a. mit folgenden Maßnahmen (Auszug): geringere Geschwindigkeiten im Ortsgebiet, strengere Strafen für das Gefährden von Kindern im Straßenverkehr.
Entwicklung der Unfallzahlen in Österreich | |
Kinderunfälle (Verkehr, Schule, Heim, Freizeit, Sport) | 2022: rd. 109.700 verletzte Kinder (Anstieg von 15% zum Vorjahr)
2021: rd. 95.300 verletzte Kinder (Corona Jahr) |
Getötete Kinder
(0-14 Jahre)
|
Zahl der tödlichen Kinderunfälle im letzten Jahr wieder gestiegen
2023: erwartete Prognose: sehr hoch! 2022: 22 (vorläufige Zahl, bedeutet Anstieg zu 2020 von mind. 57%) 2021: 18 (Corona Jahr) 2020: 14 (Corona Jahr) 2019: 29 (nach Rückgang in den Jahren davor: Rekordjahr!) |
Anzahl der verletzten Kinder nach Bundesländern:
Kinder unter 15 Jahre – spitalsbehandelte Verletzte nach Lebensbereich und Bundesland 2021, 2022
Quelle: IDB Austria 2021, 2022
Da es sich bei den Werten stets um Ergebnisse einer Hochrechnung handelt und exakte Zahlen nicht verfügbar sind, werden diese auf Hundert gerundet ausgegeben. Daher kann die Summe der gerundeten Zahlen von der ausgewiesenen Summe abweichen.
Anzahl der verletzten spitalsbehandelten Kinder 0-14 Jahre (Quelle IDB KFV) |
2021 |
2022 |
Burgenland | 2.700 | 3.100 |
Kärnten | 6.800 | 7.800 |
Niederösterreich | 14.800 | 17.000 |
Oberösterreich | 16.100 | 18.600 |
Salzburg | 9.100 | 10.300 |
Steiermark | 14.300 | 16.500 |
Tirol | 10.000 | 11.500 |
Vorarlberg | 4.000 | 4.600 |
Wien | 17.500 | 20.300 |
Gesamt | 95.300 | 109.700 |
[1] Vorläufige Zahl, die finalen Daten der Statistik Austria liegen noch nicht vor; Aufbereitung Jahreszählung KFV.