Auf Österreichs Straßen wurden im letzten Berichtsjahr 72.342 Wildtiere getötet. Hinzu kommen Hunde, Katzen und weitere andere Tierarten. Auch für die Menschen hinter dem Steuer eines Fahrzeugs, ist das Risiko beträchtlich, warnt der österreichische Versicherungsverband VVO. Laut dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) wurden im Jahr 2022 bei Unfällen wegen Tieren auf der Fahrbahn fast 500 Personen verletzt (96 davon schwer) und ein Mensch getötet. In einem gemeinsamen Projekt von KFV und der Fachhochschule OÖ wird nun erstmals getestet, inwieweit KI bei der Vermeidung von Wildunfällen unterstützen kann.
Im Herbst geht für Österreichs Jägerschaft wieder die Schonzeit für Hasen und einige andere Wildtiere zu Ende. Keine Schonzeit gibt es hingegen auf Österreichs Straßen. Nach Kollisionen mit Fahrzeugen sind im Berichtsjahr 2021/22 laut offiziellen Daten 72.342 Wildtiere auf den Straßen getötet worden – darunter auch sehr viele Jungtiere. Der Fünfjahresdurchschnitt liegt mit 74.914 getöteten Wildtieren zwar noch etwas höher, wobei das aber immer auch mit dem Tierbestand korreliert. „Alle sieben Minuten wird auf unseren Straßen ein Wildtier getötet. Hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer, weil viele Fälle gar nicht gemeldet werden. Wildunfälle bergen daher zweifellos eine enorme Unfallgefahr im Straßenverkehr, weshalb Präventivmaßnahmen in diesem Bereich besonders viel bewirken können“, betont Mag. Christian Eltner, Generalsekretär des österreichischen Versicherungsverbandes VVO.
„Alle sieben Minuten wird auf unseren Straßen ein Wildtier getötet. Hinzu kommt eine hohe Dunkelziffer, weil viele Fälle gar nicht gemeldet werden.“
334 Verletzte bei Wildunfällen und 140 Verletzte bei Unfällen mit sonstigen anderen Tierarten
Wegen Wildtieren auf der Fahrbahn wurden im Jahr 2022 bei Unfällen 334 Personen verletzt (58 davon schwer) und eine Person getötet. Im Vergleich zu 2021 ist die Zahl der Verletzten wieder leicht (+ 3 Prozent) gestiegen. Hinzu kommen 140 verletzte Personen (38 davon schwer Verletzte), die aufgrund von Ausweichmanövern oder Kollisionen mit sonstigen Tieren (Katzen, Hunde, Pferde …) im Straßenverkehr verunglückt sind. In Summe hat es wegen Tieren auf der Fahrbahn 474 Verletzte gegeben (96 davon schwer Verletzte). Ein Mensch starb. „Wenn ein Tier auf die Straße läuft, sind Ausweichmanöver in der Regel deutlich riskanter als ein Zusammenstoß. Daher empfehlen wir im Ernstfall: abblenden, hupen, stark bremsen und das Lenkrad gut festhalten. Sollte die Kollision nicht mehr vermeidbar sein, keinesfalls unkontrolliert ausweichen“, lautet der Ratschlag von Mag. Christian Schimanofsky, Direktor vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV).
Blutige Bilanz auf der Straße: 41.508 Rehe, 17.469 Hasen und 2.851 Füchse
Sollte ein Tier verletzt werden, muss die Gefahrenstelle abgesichert und bei einer Kollision mit einem Wild, die Exekutive verständigt werden. Auch wer nicht selbst an einem Unfall beteiligt war und ein verletztes Tier am Straßenrand entdeckt, sollte nicht untätig bleiben und die Tierrettung oder eine Tierschutz-Hotline verständigen. Wie groß die Folgen eines Zusammenpralls für die Menschen hinter dem Steuer sind, hängt unter anderem von der Größe der Tiere und der gefahrenen Geschwindigkeit ab. Im Vorjahr gab es unter den auf den Straßen getöteten Wildtieren jedenfalls einen großen Artenreichtum: An der Spitze rangieren 41.508 Rehe (davon 11.885 Jungtiere), gefolgt von 17.469 Hasen und 5.115 Fasanen. Überfahren wurden unter anderem auch 2.851 Füchse, 1.316 Dachse, 1.643 Marder, 321 Iltisse und 199 Wiesel. „Bitte seien Sie besonders achtsam, wenn die Nächte wieder länger werden, denn 46 Prozent aller Wildunfälle mit Personenschäden ereignen sich bei Dunkelheit und 11 Prozent bei Dämmerung“, empfiehlt Mag. Schimanofsky.
„Bitte seien Sie besonders achtsam, wenn die Nächte wieder länger werden, denn 46 Prozent aller Wildunfälle mit Personenschäden ereignen sich bei Dunkelheit und 11 Prozent bei Dämmerung“
Erhöhte Achtsamkeit ist aber auch für Haustierbesitzer sehr zu empfehlen. „Wer mit seinem Hund auf einem Gehweg neben der Straße unterwegs ist, sollte nicht nur im Interesse seines Tieres eine Leine benutzen, sondern auch das Gefährdungspotenzial für vorbeifahrende Kfz und allfällige Rechtsfolgen bedenken“, erklärt Eltner.
Häufigste Unfallursachen bei Wildunfällen
Mit einem Anteil von 53 Prozent ist „Unachtsamkeit und Ablenkung“ die häufigste Unfallursache bei Wildunfällen mit Personenschäden, gefolgt von „nichtangepasste Geschwindigkeit“ mit 38 Prozent. Erhöhte Achtsamkeit hinter dem Steuer und eine angepasste Geschwindigkeit, vor allem in Wildwechselzonen, sind daher sehr effektive Maßnahmen, um die Unfallzahlen zu senken. Hinzu kommen verkehrstechnische Maßnahmen sowie eine ständige technologische Weiterentwicklung. Bei einem gemeinsamen Projekt von KFV und FH OÖ liegen nun die Auswertungen vor. Projektlaufzeit war vom 1. September 2022 bis 30. Juni 2023.
Einsatz von Drohnen, Wärmebild-Sensoren und Künstlicher Intelligenz
Um die Position von Wildtieren und ihre Nähe zu Straßen zu analysieren, wurden vom Campus Hagenberg der Fachhochschule Oberösterreich Flugdrohnen mit Kameras und Wärmebild-Sensoren ausgestattet und die Videoaufnahmen mittels Künstlicher Intelligenz (Machine Learning) ausgewertet. „Ziel unseres Projektes war es, für Straßenabschnitte in zwei waldreichen Modellgemeinden in Niederösterreich und Oberösterreich eine detaillierte Einschätzung des Wildunfallrisikos vorzunehmen. Nach der Auswertung der Ergebnisse können daraus gezielte Präventivmaßnahmen abgeleitet werden, wie zum Beispiel das Aufstellen von Wildwechselschildern oder Wildwarngeräten“, erklärt der Projektleiter und FH-Professor Andreas Stöckl vom Digital Media Department der FH OÖ in Hagenberg.
„Ziel unseres Projektes war es, für Straßenabschnitte in zwei waldreichen Modellgemeinden in Niederösterreich und Oberösterreich eine detaillierte Einschätzung des Wildunfallrisikos vorzunehmen“
In den Modellgemeinden Gänserndorf (NÖ) und Hagenberg (OÖ) wurden morgens, mittags, nachmittags und abends umfangreiche Drohnenflüge durchgeführt, um die Anzahl der Wildtiere und ihre Annäherung zur Straße zu erfassen. Durch den Einsatz von Wärmebildtechnologie und Airborne Light Field Sampling konnten die Tiere selbst dann identifiziert werden, wenn es bereits dunkel war oder die Sicht von Bäumen und Sträuchern verdeckt wurde. Bei herkömmlichen Überwachsungsmethoden war dies bislang nicht möglich. Die Tests hätten jedenfalls gezeigt, dass die Methode in der Praxis gut funktioniere.
Auch Nachtsicht-Assistenzsysteme haben noch viel Potenzial
Als vielversprechend gelten auch Nachtsicht-Assistenzsysteme, die zur Verhinderung von Wildunfällen bereits jetzt in einigen Oberklasse-Fahrzeugen eingebaut sind. Diese Geräte erfassen mittels Infrarotsensoren die Wärmestrahlung von Wildtieren oder auch von Fußgängern, die zum Beispiel auf Freilandstraßen unterwegs sind und können die Kfz-Lenkenden dadurch frühzeitig vor Gefahrensituationen warnen. Das KFV führt dazu regelmäßig Testfahrten und Umfragen durch. Demnach nutzen derzeit bereits 14 Prozent der Befragten ein Nachtsicht-Assistenzsystem und 54 Prozent ist zumindest bekannt, dass es diese Technologie gibt. Mag. Schimanofsky dazu: „Wir gehen davon aus, dass Nachtsicht-Assistenz-Systeme künftig durch den technologischen Fortschritt ihr Potenzial zur Vermeidung von Unfällen noch besser ausschöpfen können. Mit zunehmender Verbreitung könnten diese künftig zunehmend auch in Klein- und Mittelklassefahrzeugen zum Einsatz kommen“.