Zu viele Verkehrssicherheitsmaßnahmen, die Menschenleben im Straßenverkehr retten können, warten seit Jahr(zehnt)en auf Realisierung. So bleiben Sicherheitsrisiken, wie das Fahren unter Drogeneinfluss oder exzessive Geschwindigkeitsüberschreitungen ungelöst, kritisiert das KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) in einer Pressekonferenz und fordert die Umsetzung längst überfälliger Maßnahmen.
Wien, 21. April 2021. „Seit Jahrzehnten weiß man von der Gefahr exzessiver Geschwindigkeitsübertretungen und nimmt diese offensichtlich in Kauf“, so KFV Direktor Dr. Othmar Thann. Selbst die derzeit diskutierte Strafverschärfung für Raser sei bestenfalls ein Minimalprogramm, denn die tatsächlichen besonders gefährlichen Auswirkungen von hohen Geschwindigkeitsübertretungen werden nicht berücksichtig: „Wir diskutieren viel über illegale Autorennen und das Konfiszieren von Fahrzeugen übersehen dabei aber, dass nach derzeitigem Stand ein Autofahrer weiterhin nur mit einer verhältnismäßig kleinen Geldstrafe zu rechnen hat, wenn er z.B. statt mit 50 km/h mit 95 km/h vor einer Schule vorbeirast. Für ein Kind, dass diese Straße quert bedeutet ein Zusammenstoß mit über 90 km/h aber Verletzungen die es nicht überleben wird. „Für genau diese Delikte benötigen wir unbedingt einen Führerscheinentzug und die Mindeststrafen müssen deutlich angehoben werden.“
Notwendige Maßnahmen gegen exzessives Rasen:
- Eine deutliche Anhebung der Mindeststrafen für exzessive Raser.
- Beschlagnahme des Fahrzeuges in besonders gefährlichen Fällen, zum Beispiel hohe Geschwindigkeitsüberschreitung unter gefährlichen Verhältnissen.
- Ein bundesweit einheitlicher Strafkatalog für Anonymverfügungen und Organmandate mit angemessenen Strafsätzen.
- Eine Senkung der Grenzwerte für Führerscheinentzug um je 10 km/h innerorts auf 30 bzw. außerorts auf 40 km/h mit einer Entzugsdauer von 3 Monaten.
- Geschwindigkeitsüberschreitungen von 10 km/h unter der jeweiligen Schwelle zum Führerscheinentzug sollen als Vormerkdelikt aufgenommen werden (d.h. ab 20 km/h im Ortsgebiet und ab 30 km/h im Freiland und auf der Autobahn). Bei einem zweiten Vergehen soll ein Führerscheinentzug von 1 Monat gelten.
15 Jahre: Der lange Weg zu Drogenvortestgeräten
„Unfälle unter Drogeneinfluss sind in den meisten Fällen besonders schwere Unfälle, bei welchen immer wieder unschuldige Menschen schwer verletzt oder getötet werden“, erklärt DI Klaus Robatsch, Leiter der Verkehrssicherheitsforschung im KFV und „wir benötigen moderne zielgerichtete Maßnahmen wie in vielen anderen Ländern Europas.“ Seit Jahren weist das KFV auf die bestehende Problematik hin, so zeigt schon eine Dunkelfeldstudie des KFV aus dem Jahr 2018, dass es weit mehr Drogenlenker gibt als vermutet: Hochgerechnet rund 177.000 Menschen österreichweit gaben dabei an, ein KFZ gelenkt zu haben, obwohl sie (noch) unter Drogeneinfluss standen. „Es ist wichtig die Zahl der Drogenlenker zu reduzieren. Zur Erreichung dieses Ziels muss ein treffsicheres System geschaffen werden, wie es bei Alkohol schon seit Jahren besteht“, so Thann. „Dennoch, testet die Exekutive in Österreich seit mehr als 15 Jahren Drogenvortestgeräte, ohne einen systematischen und flächendeckenden Einsatz umzusetzen.“ Eine umfassende Reform zur Drogendetektion im Straßenverkehr steht hier für Österreich schon lange aus.
Angesichts der Unfallzahlen fordert das KFV der Verkehrssicherheit mehr Gewicht zu geben. Seit mehr als 60 Jahren arbeitet das KFV als Präventionsinstitution laufend an der Erarbeitung von Möglichkeiten zu Reduktion von Unfällen und Unfallfolgen. „Viele Verkehrssicherheitskonzepte – die auch Menschenleben retten können – warten seit Jahren auf Realisierung und müssen endlich umgesetzt werden“, schließt Thann.
Zusammengefasst: Drängende Verkehrssicherheitsmaßnahmen in Österreich:
- Strafverschärfung für Raser: Gegen Temposünder, denen diese Einsicht fehlt und die mit drastisch überhöhten Geschwindigkeiten im Straßenverkehr unterwegs sind braucht es höhere Strafen, deutlich längere spürbare Führerscheinentzüge und in besonders gravierenden Fällen auch eine Konfiszierungsmöglichkeit des Fahrzeuges.
- Klares Bekenntnis zu einem absoluten Verbot harter Drogen am Steuer: Seit mehr als 15 Jahren testet Österreich zwar Drogenvortestgeräte ohne sie jedoch flächendeckend und systematisch einzusetzen. Ein Nulltoleranzansatz für harte Drogen und die Änderung des Beeinträchtigungsansatzes sind wichtige Schritte hin zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr.
- Harmonisierung der Strafkataloge bei Straßenverkehrsdelikten: Derzeit gelten in allen Bundesländern andere Regelungen. Wer z.B. in Wien eine Verkehrsübertretung begeht muss mit einem anderen Strafausmaß rechnen wie z.B. in Niederösterreich.
- Reduktion von Sicherheitsrisiken für Kinder im Straßenverkehr: Seit beinahe zehn Jahren wurden keine konkreten bundesweiten gesetzlichen Maßnahmen zum Schutz von Kindern im Österreichischen Straßenverkehr verordnet. Hier wären Temporeduktionen in Unfallrisikobereichen, Infrastrukturmaßnahmen zur Gefahrenentschärfung wichtig sowie die strenge Bestrafung von kindersicherheitsgefährdendem Verhalten im Straßenverkehr.
- Weitere Reduktion von Risiken für Lenker einspuriger Kraftfahrzeuge, z.B. durch die Einführung einer praktischen Moped-Prüfung und die gesetzliche Verankerung unfallreduzierender Bodenmarkierungen auf typischen Motorradstrecken
- Förderung und Ausbau des Einsatzes technischer Assistenzsysteme zur Erhöhung der Sicherheit: Nach derzeitigen Regelungen dauert es noch viele Jahre bis die meisten schweren LKWs und Autos auch im Realverkehr mit verpflichtender Sicherheitstechnik unterwegs sein werden wie z.B. Notbremssysteme und Toter-Winkelassistent.
Rückfragehinweis:
Pressestelle KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit):
Tel.: 05-77077-1919, E-Mail: pr@kfv.at, www.kfv.at