Kinderfreundliche Mobilität fördern und gestalten

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Die Förderung aktiver Mobilität 10- bis 14-Jähriger steht im Mittelpunkt des Handbuchs „sicher.aktiv.mobil“. Dieses liefert praktische Leitlinien, wie sichere und gleichzeitig aktive und selbstständige Mobilität regional gestaltet werden kann.

Bewegungsarmut prägt heute schon die jüngste Generation: In den letzten 20 Jahren ging der Anteil der Fußwege der 10- bis 14-Jährigen stark zurück. In Österreich erreichen 80 % junger Menschen dieser Altersgruppe nicht die aktuellen WHO-Bewegungsempfehlungen zur Gesundheitsförderung. Die drastischen Folgen dieser passiven Lebensweise: Bereits im Volksschulalter leiden bis zu 30 % der Kinder an Übergewicht, mit steigender Tendenz.

Problematik Elterntaxis statt mobiler Praxis
Kein Wunder, denn Kinder von heute sind hauptsächlich Mitfahrende: Pro Tag sind sie zwar rund 50 bis 70 Minuten unterwegs – jedoch meist als passive Pkw-Passagiere. Statt aktiv unterwegs zu sein, erfolgt die Fahrt in Elterntaxis. Viel zu viele Eltern chauffieren ihre Kids von daheim bis zum Schultor und wieder retour. Das Phänomen der Elterntaxis schafft das genaue Gegenteil von wachsender Eigenverantwortung und Verkehrskompetenz: Abhängigkeit und Passivität.

Körperliche Bewegung verbessert die kognitive Entwicklung, die Aufmerksamkeitsfähigkeit im Unterricht, die Orientierung im Straßenraum, die Entwicklung der Körper- und Raumwahrnehmung und jene der psychomotorischen Fähigkeiten. Den ökologischen Fußabdruck verkleinert Mobilität zu Fuß, mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln sowieso.

Infos und Impulse für sichere Mobilität
Der tägliche Aktionsradius von Kindern erweitert sich mit dem Schulwechsel nach der 4. Klasse Volksschule meist um einige Kilometer außerhalb der Wohngemeinde. Das Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel eröffnen neue Perspektiven. Es ist ein Start in eine neue Mobilität, die so sicher wie möglich sein soll. Das Handbuch „sicher.aktiv.mobil“ bringt dabei Bewegung ins Spiel: Es liefert praktische Erfahrungswerte aus dem vom Österreichischen Verkehrssicherheitsfonds (VSF) geförderten Pilotprojekt „Sichere Mobilität für 10- bis 14-Jährige“ und konkrete Handlungsempfehlungen für Schulen, Gemeinden und andere Institutionen. Der praxisbezogene Leitfaden liefert relevante Informationen für die Planung und Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilitätssituation junger Menschen und zu deren Motivation. Im Mittelpunkt der Bestrebungen steht ein konzertierter Mix aus Bewusstseinsbildung, Verkehrsplanung und Infrastruktur. Das jeweils geeignete Maßnahmenpaket soll ressourcenschonend und zielgerichtet realisierbar sein.

Das Pilotprojekt, die Modellregionen, die Maßnahmenpakete
Das Pilotprojekt „Sichere Mobilität für 10- bis 14-Jährige“ wurde in zwei Modellregionen durchgeführt. Die jeweils aus drei Gemeinden bestehenden Regionen in der Steiermark und in Kärnten verfolgten das Ziel, Schul- und Freizeitwege von Kindern sicherer zu gestalten und gleichzeitig aktive, selbstständige Mobilität in der Altersgruppe 10-14 zu fördern. Zur Feststellung des Status quo wurden eine SchülerInnen- und eine Bevölkerungsbefragung sowie Ortsbegehungen durchgeführt. Auf Basis dieser Datensammlung wurden Handlungsfelder und Maßnahmen festgelegt. Neben Aufklärung und Bewusstseinsbildung, etwa zum Thema Ablenkung im Straßenverkehr, wurden auch bauliche Maßnahmen umgesetzt, Radabstellanlagen installiert und Mobile Tempoanzeigen zum Einsatz gebracht. Alle Erfahrungen und Erkenntnisse flossen in das Handbuch „sicher.aktiv.mobil“ ein.

Mehr Raum und Sicherheit für junge Menschen im Straßenverkehr!
Im Folgenden wird eine Auswahl konkreter Maßnahmen, basierend auf fachlichen Expertisen und praktischen Erfahrungen aus dem genannten Pilotprojekt, vorgestellt:

  • Schulische Bewusstseinsbildung: Die KFV-Unterrichtsmaterialien „Mit Risi & Ko unterwegs“ für die 5. bis 8. Schulstufe behandeln zielgruppengerechte Verkehrs- und Mobilitätsthemen, die in mehreren Unterrichtsfächern eingesetzt werden können.
  • Errichtung von Eltern-Haltestellen: Durch Eltern-Haltestellen in ca. 300 Metern Entfernung vom Schulgebäude wird das hohe Kfz-Verkehrsaufkommen rund um Schulen erheblich reduziert. Für zu Fuß gehende und Rad fahrende SchülerInnen wird der Schulweg damit sicherer und attraktiver.
  • Errichtung von Fahrrad- und Scooter-Abstellanlagen: Hochwertige Fahrradabstellanlagen sind ein wichtiger Beitrag zur Förderung des Radverkehrs.
  • Einsatz Mobiler Tempoanzeigen: Mittels direkter Rückmeldung an die FahrzeuglenkerInnen reduzieren diese Messanlagen und Displays das Geschwindigkeitsniveau. Besonders sinnvoll ist ihr Einsatz dort, wo die gefahrene Geschwindigkeit bewusst gemacht werden soll oder Personen geschützt werden müssen, z.B. vor Schulen und Kindergärten, in Tempo-30-Zonen, in Siedlungsgebieten oder vor Krankenhäusern.
  • Entschärfung von Gefahrenstellen: Kinder sind im Ortsgebiet vor allem durch Kfz und deren inadäquate Fahrgeschwindigkeiten gefährdet. Hauptprobleme in Kreuzungsbereichen: das Fehlen von Querungshilfen und Ampeln, dicht verparkter Straßenraum, mangelnde Sichtbeziehungen, unzureichende Beleuchtung.
  • Verbesserung & Erweiterung des Radverkehrsnetzes: Einzelmaßnahmen wie die Öffnung anderer Infrastruktur (Einbahnen, Fußgängerzonen, Sackgassen, landwirtschaftliche Wege, Busspuren) für den Radverkehr, die Errichtung eines Beschilderungs- bzw. Leitsystems, die Ausweitung von Tempolimits, die Entflechtung gemeinsam geführter Geh- und Radwege sowie die Erweiterung und der Bau von Radwegen können erheblich zur Attraktivierung von Radwegenetzen beitragen.

Wollen auch Sie die aktive Mobilität junger Menschen in Ihrem Umfeld sicherer gestalten?

Das Handbuch „sicher.aktiv.mobil“ steht nachfolgend und unter sicher.aktiv.mobil (bmk.gv.at) zum Download zur Verfügung:
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