Raser-Paket zeigt offenbar Wirkung: Geringste Anzahl an Verkehrstoten seit Beginn der Aufzeichnungen

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Seit Beginn der Aufzeichnungen hat es in einem ersten Halbjahr noch nie so wenige Verkehrstote in Österreich gegeben wie 2024. Das ist jetzt schon absehbar. Allein im Vorjahresvergleich bis jeweils 16. Juni ist die Zahl der Toten wegen nichtangepasster Geschwindigkeit um 57 Prozent gesunken. Laut Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) dürfte dafür auch die seit 1. März 2024 drohende Fahrzeug-Beschlagnahmung bei hohen Geschwindigkeitsüberschreitungen verantwortlich sein. Die Sorge das Statussymbol Auto zu verlieren, könnte eine abschreckende Wirkung erzielt haben.

Wien, 20. Juni 2024. Nicht angepasste Geschwindigkeit gehört Jahr für Jahr (neben Ablenkung) zu den Hauptunfallursachen für Pkw-Unfälle mit Personenschäden und gilt daher als eines der Hauptprobleme für menschliches Leid im Straßenverkehr. Eine extreme Ausprägung davon sind Raser, denen seit 1. März 2024 bei einer Tempoüberschreitung von mehr als 60 km/h innerhalb und mehr als 70 km/h außerhalb des Ortsgebiets ihr Fahrzeug vorläufig beschlagnahmt werden kann. Damit wurde eine langjährige Forderung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) umgesetzt. Nun zieht das KFV eine erste Zwischenbilanz.

Tödliche Unfälle wegen nichtangepasster Geschwindigkeit sinken stark

Die Entwicklung bei den Personenschäden insgesamt, also bei Unfällen mit Verunglückten, ist derzeit aufgrund der noch nicht vorhandenen Daten bei den Verletzten, noch nicht absehbar, aber zumindest der starke Rückgang bei tödlichen Unfällen gibt Grund zur Hoffnung. Bei kaum einer anderen Hauptunfallursache gab es im bisherigen Verlauf 2024 so starke Rückgänge wie in diesem Bereich. Statt 42 tödliche Verkehrsunfälle wegen nichtangepasster Geschwindigkeit wie im Vorjahr um die gleiche Zeit (per 16. Juni), verunglückten 2024 bisher 18 Personen (hier kann es noch zu Nachmeldungen kommen) tödlich (minus 57%). Im Vergleich zum Dreijahresdurchschnitt liegt der Rückgang ebenfalls bei 57 Prozent.

„Allein die Ankündigung einer massiven Gesetzesverschärfung kann dazu führen, dass bereits im Vorfeld die Fahrdisziplin steigt. Und zwar nicht nur bei den Extremrasern, sondern auch bei sonstigen Temposündern“

Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV©KFV
Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV©KFV

In Summe sind in diesem Jahr bis einschließlich 16. Juni 115 Personen tödlich verunglückt, wobei bei 17 davon die Hauptunfallursache noch nicht feststeht. Im ersten Halbjahr 2024 dürfte es daher die geringste Anzahl an Verkehrstoten seit Beginn der Aufzeichnungen in einem ersten Halbjahr gegeben haben. Und falls die Prognosen des KFV von 342 Verkehrstoten bis Jahresende eintreffen sollten, dürfte auch das Gesamtjahr als das Jahr mit den wenigsten Verkehrstoten seit Beginn der Aufzeichnungen in die Verkehrsgeschichte eingehen.

Psychologische Effekte von Gesetzesänderungen

„Allein die Ankündigung einer massiven Gesetzesverschärfung kann dazu führen, dass bereits im Vorfeld die Fahrdisziplin steigt. Und zwar nicht nur bei den Extremrasern, sondern auch bei sonstigen Temposündern“, erklärt Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter der Verkehrssicherheit im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV). Wie der Verkehrsexperte betont, ist nichtangepasste Geschwindigkeit nämlich nicht automatisch gleichzusetzen mit extrem hohem Tempo. Erstgenanntes ist beispielsweise auch dann der Fall, wenn jemand in einer 70-km/h-Zone mit 70 km/h unterwegs ist, die Straßen- und Witterungsverhältnisse aufgrund von Eis und Schnee oder Nebel aber nur 50 km/h zulassen würden. Nur zirka ein Prozent aller Geschwindigkeitsübertretungen entfallen auf Extremraser, die allerdings ein großes Problem darstellen. Bisher wurden allein in den ersten beiden Monaten nach dem Inkrafttreten der 34. StVO-Novelle von den Organen der Bundespolizei 38 Fahrzeuge vorläufig beschlagnahmt, wobei fast alle betroffenen Personen männlich waren.

Männer verursachen im Alter von 18 Jahren auch die meisten Unfälle mit Personenschäden wegen nichtangepasster Geschwindigkeit. 4,6 Prozent aller Pkw-Unfälle mit dieser Hauptunfallursache werden von ihnen verursacht. Zum Vergleich: 30-jährige Männer haben einen Anteil von 1,4 Prozent und 50-jährige nur noch 0,5 Prozent. Frauen weisen generell bessere Werte auf. Bei 18-jährigen Frauen liegt der Anteil bei 2,4 Prozent. „Aus der Verkehrspsychologie wissen wir, dass Schnellfahren für manche jungen Männer eine evolutionsbedingte Form des Kräftemessens ist. Vor allem dann, wenn sie sich nicht in anderer Form, wie beispielsweise im Beruf, mit Gleichaltrigen messen können“, erklärt Dipl.-Ing. Robatsch.

Das KFV fordert unter anderem folgende weiteren Maßnahmen zur Reduktion der Unfallzahlen:

  • Absenkung der Grenzwerte für den Führerscheinentzug und deutlich höhere Entzugsdauer.
  • Aufnahme von Geschwindigkeitsüberschreitungen in das Vormerksystem.
  • Abschaffung der Straftoleranzen.
  • Einführung eines bundesweiten Verwaltungsstrafregisters, damit Wiederholungstäter in Zukunft bundesweit identifiziert werden können.

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