Aktiv mobil auf dem Arbeitsweg: Pendeln per S-Pedelec statt per Pkw!

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Wie alltagstauglich sind S-Pedelecs im Berufsverkehr? Auf welchen Distanzen sind die neuen Motorfahrräder eine echte Alternative zum Auto? Welche Gesetzesänderungen braucht es, um S-Pedelec-Fahren sicherer und damit attraktiver zu machen? Eine aktuelle Studie und ein praxisgerechter Leitfaden zeigen neue Wege auf. 

Auto-Kilometer sparen, wo’s geht: Wie kann der überbordende tägliche Pkw-Pendelverkehr nachhaltig reduziert werden? Rund zwei Drittel aller Arbeitswege werden in Österreich per Pkw zurückgelegt, obwohl die meisten Distanzen zwischen Zuhause und Job kürzer als 20 Kilometer sind. Drei von fünf Arbeitswegen sind sogar kürzer als 10 Kilometer. Pendelstrecken von bis zu fünf Kilometern werden meist noch mit Leichtigkeit geradelt, längere Routen sind im Sattel eines klassischen Fahrrads dagegen vielfach zu schweißtreibend und zeitintensiv. Doch das Rad wurde tatsächlich neu erfunden: Innovative Wege weist das S-Pedelec, ein Motorfahrrad mit Tretkraftunterstützung bis 45 km/h, als Silberstreif am Horizont alternativer Mobilität. „POSETIVPotenzial von S-Pedelecs als effektive Mobilitätsalternative“ – unter diesem Titel untersuchte ein im Rahmen des FTI-Programms „Mobilität der Zukunft“ vom Bundesministerium für Klimaschutz gefördertes und von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft abgewickeltes Forschungsprojekt von KFV und Kairos – Institut für Wirkungsforschung und Entwicklung das Potenzial von S-Pedelecs als Mobilitätsalternative im Berufsverkehr.

Projekt POSETIV: Fokusgruppe, Flottenversuch & Befragungen
Nach umfassender Literaturrecherche und einer Fokusgruppendiskussion mit S-Pedelec-Nutzer*innen wurde ein Flottenversuch mit 98 Pkw-Pendler*innen aus drei Regionen Österreichs (Grenzgebiet Vorarlberg-Schweiz-Liechtenstein, Salzburg Stadt und Umgebung sowie Großraum Eisenstadt) durchgeführt. Die Teilnehmer*innen des Flottenversuchs zeichneten mit Hilfe einer Smartphone-App ihr tägliches Mobilitätsverhalten am Arbeitsweg über einen Zeitraum von fünf Wochen auf. In der ersten Woche wurde das bislang gewohnte persönliche Mobilitätsverhalten erhoben, in den Wochen 2 und 3 wurden Pedelecs und in den Wochen 4 und 5 S-Pedelecs zur Bewältigung des täglichen Arbeitswegs genutzt.

Neben der Aufzeichnung von Fahrdaten wurden mittels begleitender Online-Befragungen auch die persönlichen Erfahrungen und Eindrücke erhoben. Der Flottenversuch erstreckte sich über rund ein Jahr, auf diese Weise konnten Daten aus allen Jahreszeiten gesammelt werden. Zusätzlich wurde eine österreichweite Online-Befragung von Pkw-Pendler*innen zu ihren Erwartungen an die Nutzung von S-Pedelecs am Arbeitsweg und zu möglichen Motiven für einen Umstieg auf das S-Pedelec durchgeführt.

S-Pedelec punktet auf mittleren Distanzen
Die Analyse der Reisezeiten zeigt: S-Pedelecs sind vor allem auf mittleren Distanzen zwischen 5 und 25 Kilometern ein probates Verkehrsmittel für Pendelnde. Hier bieten S-Pedelecs Zeitvorteile gegenüber Fahrrädern und Pedelecs, der Reisezeitzuwachs im Vergleich zur Pkw-Fahrt hält sich in Grenzen. Die elektrische Tretkraftunterstützung ermöglicht auch bei Steigungen oder Gegenwind ein zügiges Vorankommen mit moderater Anstrengung. 

Thema Fahrzeugbeherrschung
S-Pedelecs haben ungewohnte Fahreigenschaften, die Phase der Eingewöhnung in die neue Art des Radfahrens dauerte bei den meisten Proband*innen dennoch nur wenige Tage, das Sicherheitsgefühl bei Fahrmanövern wie Anfahren, Beschleunigen, Bremsen, Kurvenfahren oder Einbiegen war beim Großteil der Testpersonen bereits nach dem ersten Tag gegeben. Einige wenige Proband*innen fühlten sich auch nach zwei Wochen noch nicht ganz sicher.

Umwelt, Gesundheit, Kosten & Co.: Motive für den Umstieg aufs S-Pedelec
Knapp 37% der 1.013 vom KFV befragten Pkw-Pendler*innen könnten sich prinzipiell vorstellen, ein S-Pedelec für ihre Arbeitswege zu nutzen. Die Motive für einen möglichen Umstieg vom Pkw auf das S-Pedelec sind vielfältig – vor allem in der Einsparung von Treibstoffkosten und im Nutzen für Umwelt und Gesundheit sehen die Befragten gewinnbringende Vorteile. Möglichkeiten für Probefahrten vor Anschaffung eines S-Pedelecs sind sehr gefragt. Auch adäquate, diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten am Arbeitsplatz werden gewünscht.

Beispiel Schweiz: S-Pedelec-Fahrer*innen sind Radfahrer*innen
In Österreich sind S-Pedelecs – im Gegensatz zu konventionellen Fahrrädern oder Pedelecs – rechtlich als Motorfahrräder, also Kraftfahrzeuge, eingestuft. Mit S-Pedelecs darf daher nur die Fahrbahn benutzt werden, Radfahranlagen sind verbotenes Terrain. Diese gesetzlichen Rahmenbedingungen wirken abschreckend, S-Pedelecs werden daher nur selten genutzt.

Auch im Flottenversuch wurde das in Österreich bestehende Verbot der Nutzung von Radfahranlagen für S-Pedelecs als negativ empfunden. Bei höheren Kfz-Geschwindigkeiten konnten die Test-S-Pedelecs nicht mehr im motorisierten Mischverkehr „mitschwimmen“ – sie wurden von schnell fahrenden Pkw mit teils knappem Abstand überholt. Vor allem auf Freilandfahrten empfanden die S-Pedelec-Tester*innen dieses Gefährdungsgefühl als veritable Spaßbremse – so ihr kritisches Feedback. In der Schweiz hingegen ticken die Uhren für S-Pedelecs anders: Für S-Pedelec-Fahrer*innen gelten dort die Vorschriften für Radfahrer*innen, Schweizer Radwege und Radstreifen dürfen und müssen sogar von S-Pedelec-Lenker*innen benutzt werden.

Empfehlung: Förderung von S-Pedelecs mit gesetzlichen Neuerungen
Fazit der Studienautor*innen: Das S-Pedelec ist im Berufsverkehr auf mittleren Pendeldistanzen eine attraktive Alternative. Dringend gefragt ist jedoch eine Optimierung der rechtlichen Rahmenbedingungen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit.

Die Empfehlungen der Expert*innen:

  • Freigabe von Radfahranlagen für S-Pedelecs unter bestimmten Bedingungen – zum bestmöglichen Schutz von Radfahrer*innen vor schnelleren S-Pedelecs und zur Erhöhung der Sicherheit von S-Pedelec-Fahrer*innen
  • Ortsgebiet: Freigabe der Benutzung nicht baulich getrennter Radfahranlagen auf der Straße
  • Freiland: punktuelle Freigabe von Radwegen nach Prüfung der örtlichen Situation –zu den maßgeblichen Prüfkriterien zählen Radwegbreite, Radverkehrsaufkommen, Radverkehrszusammensetzung und Kfz-Geschwindigkeiten
  • Spezifische Fahrtechnik-Trainings für S-Pedelec-Neueinsteiger*innen inklusive Bewusstseinsbildung bezüglich kritischer Situationen – Stichwort Fehleinschätzung der S-Pedelecs vonseiten anderer Verkehrsteilnehmender, etwa betreffend Annäherungsgeschwindigkeit und Anfahrgeschwindigkeit nach Stillstand
  • Information über das neue Verkehrsmittel S-Pedelec und seine Eigenschaften im Rahmen der Kfz-Führerscheinausbildung

Die vollständige Studie erhalten Sie hier als Download-Version:
PDF Download

Wollen auch Sie alternative Mobilität auf dem Arbeitsweg fördern?
Der mit besonderem Fokus auf Unternehmen, Gemeinden und Länder konzipierte Leitfaden „Aktiv mobil am Arbeitsweg. Pedelec und S-Pedelec als attraktive Alternative zum Auto“ informiert über konkrete Möglichkeiten aktiver Förderung der S-Pedelec-Nutzung im Berufsverkehr. Verfügbar ist der Leitfaden unter folgendem Link: https://www.kfv.at/s-pedelecs/