Wien 11. Oktober 2016. Die österreichische Bevölkerung muss sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auf immer häufiger und heftiger auftretende Wetterextreme einstellen. „Die Wucht der Natur haben schon viele Regionen in den vergangenen Jahren in Form von Hochwasser, Starkregenereignissen, Hagelschauern, massivem Schneefall oder in Form von Stürmen zu spüren bekommen. Durch die Topografie in Österreich gilt jedes Bundesland als Risikogebiet für Naturkatastrophen. Leider unterschätzen immer noch viele Menschen dieses Risiko“, erläutert VVO-Präsident Generaldirektor KR Mag. Dr. Othmar Ederer. Weltweit kann man klar einen steigenden Trend bei den Schäden durch Naturkatastrophen erkennen. In Österreich kann man neben den vielen regionalen Schäden ca. alle drei Jahre mit einer Naturkatastrophe in Höhe von mehr als 200 Millionen Euro versicherten Schäden rechnen.
Naturkatastrophen: Wissensstand der Österreicher gering
Seit dem Jahr 2013 erhebt das KFV die persönliche Gefahreneinschätzung der Österreicher in Bezug auf Naturkatastrophen. Ähnlich wie in den Jahren zuvor, glaubten auch im Jahr 2015 viele der befragten Österreicher nicht, dass sie selbst einmal Opfer einer Naturkatastrophe in ihrem Wohnort werden könnten. Was die Einschätzung der persönlichen Gefährdung durch Naturkatastrophen am Wohnort anlangt, sind die erhobenen Befunde zeitlich sehr stabil, wonach man sich vor allem durch Unwetter (80 % Gefährdung) und Stürme (71 %) sowie durch Blitzschlag, Hitze und Schneechaos (jeweils rund 65 %) bedroht fühlt. Immerhin rund die Hälfte der Befragten nimmt auch eine Gefährdung durch Hochwasser wahr, wohingegen sich nur eine Minderheit von Muren (34 %), Erdbeben (29 %) oder Lawinen (23 %) bedroht fühlt.
„In Österreich gibt es keine Region, die nicht von Extremwetterereignissen betroffen sein kann. Risiken und Risikozonen sind den Menschen zu wenig bekannt. Unsere Studien zeigen deutlich, dass die Menschen die Gefahren, die von Extremwetterereignissen ausgehen, stärker unterschätzen als bislang angenommen“ erläutert KFV-Direktor Dr. Othmar Thann die bundesweit repräsentative Erhebung. Trotz einiger Hochwasserereignisse in den letzten Jahren, wissen derzeit nur 40 Prozent der Befragten, dass sich ihr Wohnort in einer Hochwassergefährdungszone befindet.
Die Studie zeigt weiter, dass grundsätzlich vier Dispositionen für den Sensibilisierungsgrad der Bevölkerung ausschlaggebend sind. Faktoren wie Intensität der persönlichen Betroffenheit, Erinnerungen an konkrete Naturkatastrophen, der zeitliche Kontext und die mediale Präsenz stehen in direktem Zusammenhang mit der Risiko-Wahrnehmung.
„Unsere Studien bestätigen, dass kleinere regionale Extremwetterereignisse zu keinem nachhaltigen Umdenken der Bevölkerung in Sachen Prävention führen. Trotz einer persönlichen Betroffenheit (mit persönlich erlittenem Schaden) haben z. B. nur
6 Prozent der Bevölkerung bauliche Schutzmaßnahmen getroffen“, so Thann.
Schutz vor extremem Wetter: maßgeschneiderte Warnungen und langfristige Anpassungsstrategien
Brachte der Sommer 2015 noch Schäden durch Trockenheit in Millionenhöhe, so war der Sommer 2016 geprägt durch eine Vielzahl von kleinräumigen, aber sehr intensiven Unwettern mit großen Regenmengen in kurzer Zeit. Große Schäden durch Überflutungen und Muren waren die Folge. „Österreich ist sehr unterschiedlichen Wettergefahren ausgesetzt, die von Jahr zu Jahr unterschiedlich stark ausgeprägt sind. In jedem Jahr kommt es in nahezu jeder Jahreszeit zu markanten Schäden durch extremes Wetter. Viele Anzeichen sprechen dafür, dass extreme Wetterereignisse in den nächsten Jahren häufiger werden. In den letzten rund 100 Jahren war außerdem die Klimaerwärmung im Alpenraum mit knapp 2 °C doppelt so stark wie die weltweite Erwärmung von knapp 1 °C“, so Dr. Michael Staudinger (Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik). Die ZAMG arbeite daher mit ihren Partnern in zwei Richtungen. Zum einen gehe es um maßgeschneiderte Warnungen für die jeweiligen Nutzer, zum anderen um langfristige Maßnahmen zum Schutz. „Uns ist wichtig, nicht nur die extremen Wetterereignisse möglichst genau vorherzusagen, sondern auch die möglichen Auswirkungen zu kommunizieren, damit schnell und effektiv die nötigen kurzfristigen Schutzmaßnehmen gesetzt werden können. Im langfristigen Bereich liefern wir mit Hilfe regionaler Klimamodelle mögliche Szenarien für die nächsten Jahrzehnte. Somit können zum Beispiel bauliche Maßnahmen so geplant werden, dass selbst in einem extremeren Klima die Schäden deutlich minimiert werden“, sagt Staudinger.
www.hora.gv.at
„Besonders wichtig ist, dass die österreichische Bevölkerung aktiv präventiv tätig wird“, so Ederer. Einfach zu bedienende Tools wie die Risikolandkarte HORA ermöglichen heutzutage eine exakte Gefahreneinstufung für jeden einzelnen Haushalt in Österreich via Mausklick (http://www.hora.gv.at/). „Mit diesem Tool kann man sofort feststellen, ob und in welcher Gefahrenzone man sich befindet und Vorkehrungen treffen.“
Wussten Sie, dass …
- … im Juli 2016 an 114 der rund 270 Wetterstationen der ZAMG mehr als 40 Millimeter Regen in 24 Stunden fiel? Zum Vergleich: Die durchschnittliche Gesamtregenmenge im Monat Juli liegt im österreichweiten Mittel bei rund 130 Millimeter.
- … es in Österreich pro Jahr fünf bis zehn Tornados gibt? Am späten Abend des 21. Juli 2016 entstand während eines Gewitters im nördlichen Waldviertel ein kurzer, heftiger Tornado. Das Schadensbild im Raum Karlstein an der Thaya ließ auf Windspitzen bis zu 220 km/h schließen. Eine private Wetterstation in der Region registrierte Orkanböen bis zu 170 km/h bevor sie zerstört wurde.
- … in Österreich rund 600 Erdbeben pro Jahr instrumentell registriert und durchschnittlich 40 Erdbeben pro Jahr von der Bevölkerung auch wahrgenommen werden?
- … man unter www. hora.gv.at ganz einfach feststellen kann in welcher Gefahrenzone man lebt?
- … die ZAMG nicht nur die aktuellen Warnungen für jede Gemeinde Österreichs liefert (www.zamg.gv.at/warnungen), sondern auch die offizielle europaweite Warnplattform www.meteoalarm.eu koordiniert?