Große Abstände zwischen den Tritten, schlecht erreichbare Stahlseile, ungeeignete Klettersteigsets: Für Kinder lauern am Klettersteig besonders viele Gefahren. Umso wichtiger sind eine gute Routenauswahl, passende Schutzausrüstung und aufmerksame Erwachsene. Für einen sicheren Drahtseilakt hat das KFV die wichtigsten Sicherheitstipps zusammengefasst.
Ob Jung oder Alt, das Klettersteiggehen boomt! Die Risiken dabei werden jedoch häufig unterschätzt. Vergangenes Jahr mussten 187 Personen aus Österreichs Klettersteigen geborgen werden. Fünf Personen kamen beim Klettersteiggehen ums Leben (Österreichisches Kuratorium für Alpine Sicherheit, 2020). Überschätzung sowie mangelnde Vorbereitung geben Klettersteiggeher*innen als die größten Gefahren an, wie eine KFV-Studie mit 324 Teilnehmer*innen zeigt.
Insbesondere Kinder sind am Klettersteig zahlreichen Gefahren ausgesetzt. Die geringere Aufmerksamkeitsspanne und hohe Impulsivität stellen ein erhöhtes Unfallrisiko dar. Zudem sind Equipment und Infrastruktur meist für Erwachsene ausgelegt. Zu große Abstände zwischen Tritthilfen und ungeeignete Klettersteigsets sind die Folge.
Geeignete Routenwahl
Mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad wird das Gelände steiler und gute Tritte werden seltener. Damit steigen auch die Anforderungen an die Sprösslinge. Schwindelfreiheit, Trittsicherheit, Sicherungstechnik und Kraft sind unbedingt erforderlich. Um die Kinder im alpinen Gelände nicht zu überfordern, ist ein gute Routenwahl entscheidend. Am besten mit kurzen und einfachen Routen beginnen und Erfahrungen sammeln. Die Kenntnis des Geländes ist ein wesentlicher Vorteil. Es empfiehlt sich daher, einen geplanten Klettersteig zuerst ohne Kinder zu gehen, um die Schwierigkeit der Schlüsselstellen zu beurteilen.
Wie in der Tabelle unten angeführt, ist für Kinder der niedrigste Schwierigkeitsgrad gut geeignet. Hier sind die Wege mäßig steil. Es gibt viele große, natürliche Tritte und nur wenige ausgesetzte Stellen, die gut mit Drahtseilen abgesichert sind. Der Schwierigkeitsgrad B ist für Kinder grundsätzlich auch geeignet. Hier sind allerdings schon senkrechte Passagen zu erwarten, bei denen die Kinder seilgesichert werden sollten. Stürze ins Klettersteigset können zu schweren Verletzungen führen und müssen unbedingt verhindert werden. Ab dem Schwierigkeitsgrad C gibt es viele senkrechte Stellen und wenige gute Tritte. Es ist hier bereits viel Armkraft nötig, um sich am Stahlseil hochzuziehen. Für Anfänger und Kinder ist dieser Schwierigkeitsgrad nicht mehr geeignet.
Passende Ausrüstung
Helm, Klettergurt, Klettersteigset, Handschuhe und festes Schuhwerk sind am Klettersteig die Basisausrüstung und müssen immer mit dabei sein. Dazu sollte die Standard-Notfallausrüstung (Erste-Hilfe-Tasche, Handy, Biwaksack, Stirnlampe) mitgeführt werden. Da kleinere Kinder einen höhergelegenen Körperschwerpunkt und weniger ausgeprägte Hüften als Erwachsenen haben, sind Kombigurte besonders gut für sie geeignet. Diese speziellen Klettergurte sind eine Kombination aus Hüft- und Brustgurt und verhindern das Überpendeln und Herausrutschen.
Bei der Auswahl des Klettersteigsets ist auf das Gewicht der Kinder zu achten. Die meisten der aktuell im Handel erhältlichen Modelle federn einen Sturz von Personen über 40 Kilo ausreichend ab (EN 958, gültig seit 2017, Achtung: ältere Modelle sind nur für Personen über 50 Kilo geeignet). Speziell verstellbare Klettersteigsets (z.B. das Cable Vario von Edelrid) lassen sich sogar auf ein Gewicht von 30 Kilo einstellen und sind daher für leichtere Kinder geeignet. Allgemein gilt: Für Kinder, die unter die Gewichtsgrenze des Klettersteigsets fallen, bietet der Bandfalldämpfer nicht genügend Schutz. Im steilen Gelände sollten sie daher seilgesichert werden.
Zusätzliche Sicherheit bieten sogenannte Rücklaufsicherungen (z.B. Ferrata Bloc von AustriAlpin oder Sky Turn von Skylotec). Im Falle eines Sturzes verklemmen sich die Geräte am Stahlseil und verkürzen so die Fallhöhe. Während die größeren Kinder mit diesen Systemen schon umgehen können, stellen sie für die Kleineren jedoch eine Überforderung dar. Wichtig ist es jedenfalls, die Kinder beim Kauf der Klettersteigausrüstung mitzunehmen, damit sie Handling und Passform testen können.
Aufmerksame Betreuung
Nur wenn die erwachsene Begleitperson selbst genügend Bergerfahrung und Klettersteigskills mitbringt, kann sie sich zusätzlich um die Sprösslinge kümmern. Besonders die Seilsicherung von Kindern sollte gut eingeübt sein, denn sie muss in stressvollen Situationen – z.B. Staubildung auf stark frequentierten Klettersteigern – fehlerfrei und zügig funktionieren. Bei Passagen ohne Seilsicherung folgt die erwachsene Person unmittelbar hinter dem Kind. Dabei sollte die Handhabung des Klettersteigsets ständig überprüft werden. Auch bei der Auswahl der Tritte können die Kinder unterstützt werden.
Für weniger erfahrene Familien ist es ratsam die ersten Touren mit einer Bergführerin oder einem Bergführer zu unternehmen (https://www.bergfuehrer.at/). Durch deren Tricks und Tipps lernt die ganze Familie und wappnet sich für zukünftige Abenteuer.
KFV-Tipps für sicheres Klettersteiggehen mit Kindern:
- Verantwortung: Erwachsene übernehmen auf Klettersteigen generell die Verantwortung für Kinder. Pro Erwachsenen sollte immer nur ein Kind geführt werden.
- Trockentraining: Mit einem Seil zu Hause oder auf Übungsklettersteigen die Sicherungstechnik gut einüben.
- Tourenplanung: Weniger ist mehr. Kurze und leichte bis mittlere Klettersteige (Schwierigkeitsgrade A und B) sind für Kinder besser geeignet und machen ihnen auch mehr Spaß.
- Kombi-Gurte sind für Kinder am Klettersteig besonders geeignet.
- Handling: Beim Kauf von Klettersteigsets darauf achten, dass die Kinder die Karabiner mit ihren kleinen Händen gut bedienen können.
- Bandfalldämpfer: Das Gewicht des Kindes sollte über der angegebenen Gewichtsgrenze des Bandfalldämpfers liegen (je nach Modell über 30, 40 oder 50 Kilo). Ist dies nicht der Fall, müssen die Kinder seilgesichert werden.
- Seilsicherung: An senkrechten Stellen die Kinder zusätzlich mit einem Seil sichern. Die sichernde Person muss mit der Sicherungstechnik gut vertraut sein.
- Wachsamkeit: Bei Passagen ohne Seilsicherung folgt die erwachsene Person unmittelbar hinter dem Kind. Kontrolle und Hilfe bei der Trittauswahl und Handhabung des Klettersteigsets.
- Guiding: Unerfahrene Familien sollten mit einer Bergführerin oder einem Bergführer in das Abenteuer Klettersteig starten. Das verschafft Sicherheit und Spaß.