In Tirol kommt es zu überdurchschnittlich vielen Motorradunfällen. Im Jahr 2019 hat das KFV daher im Auftrag vom Land Tirol ein Pilotprojekt gestartet, im Zuge dessen rund 60 Stellen mit erhöhten Motorrad-Unfallzahlen identifiziert und durch Sofortmaßnahmen wie Bodenmarkierungen entschärft wurden. Eine erste Bilanz zeigt bereits um 80 Prozent weniger Unfälle. Nach einer erneuten Analyse des Unfallgeschehens werden nun 15 weitere Stellen entschärft.
Tirol, 22. Juni 2023. Tiroler Bergstraßen gelten durch ihre kurvenreichen Strecken als Paradies für Motorradfahrer*innen aus dem In- und Ausland. Das Fahren auf motorisierten Zweirädern ist aber nicht ganz ungefährlich: Im Jahr 2018 kamen 15 Motorradlenker*innen auf Tirols Straßen ums Leben, im österreichweiten Vergleich ist dies mehr als der Durchschnitt. Vor allem das Kurvenschneiden – also das enge Durchfahren einer Kurve – hat sich als eine der häufigsten Unfallursachen bei Motorradunfällen herausgestellt. Um das Kurvenfahrverhalten von Motorradfahrer*innen sicherer zu gestalten, hat das Land Tirol das KFV 2019 mit einem Pilotprojekt aus Mitteln des Verkehrssicherheitsfonds beauftragt. „Angesichts der überdurchschnittlich hohen Anzahl an verletzten und getöteten Motorradfahrer*innen in unserem Land ist es wichtig, konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit zu treffen, die verhältnismäßig einfach umgesetzt werden können und vor allem sofortige Wirkung zeigen,“ so Verkehrslandesrat René Zumtobel.
Pilotprojekt 2019: Mit Bodenmarkierungen die Sicherheit erhöhen
Im Rahmen des Pilotprojekts im Jahr 2019 identifizierten KFV-Expert*innen, auf Basis der amtlichen Verkehrsunfallstatistik, rund 60 gefährliche Stellen mit erhöhten Motorrad-Unfallzahlen. Der größte Teil davon waren Kurven entlang der typischen Motorradrouten. Um diese häufigen Unfallstellen zu entschärfen, war das Anbringen von Bodenmarkierungen die am häufigsten ergriffene Maßnahme. Diese sollen den Lenker*innen die ideale Fahrlinie für eine sichere Kurvenfahrt anzeigen. „Ergebnisse einer Reihe von Studien haben gezeigt, dass wir mit den Bodenmarkierungen die Fahrlinien der Motorradfahrer*innen derart beeinflussen können, dass diese in Linkskurven ausreichenden Abstand vom Gegenverkehr halten,“ erklärt Ing. Gottfried Reremoser, stellvertretender Leiter der Abteilung Verkehrsrecht beim Land Tirol.
4 von 5 Unfällen konnten verhindert werden
Eine Evaluierung des Projekts im Jahr 2021 hat ergeben: Sogar unter Berücksichtigung der geringeren Fahrleistung durch Corona konnten rund 80 Prozent weniger Unfälle nach der Anbringung der Bodenmarkierungen an den ausgewählten Stellen festgestellt werden als im Vergleichszeitraum 2012 bis 2018. Mag. Martin Pfanner vom KFV dazu: „Man kann wirksam gegen das gefährliche – teils aber sicher auch unbeabsichtigte – Kurvenschneiden von Motorradfahrern vorgehen und damit Menschenleben retten. Bodenmarkierungen haben sich dabei als einfache, kostengünstige und wirksame Maßnahme etabliert. Wir freuen uns, dass wir Tirols Straßen mit diesen Sofortmaßnahmen etwas sicherer machen konnten.“ Aufgrund der hohen Wirksamkeit dieser Maßnahmen folgt neben der Erneuerung abgenutzter Markierungen nun auch eine Ausweitung des Projekts. Nach einer erneuten Evaluierung des Unfallgeschehens konnten weitere 15 Unfallstellen – darunter beispielsweise je 2 Stellen auf der Ötztalstraße, Bschlaber Straße und der Kaunertal Straße – in Tirol identifiziert und zum Teil sofort mit Bodenmarkierungen entschärft werden.
Appell an die Eigenverantwortung
Trotz der Umsetzung dieser Sofortmaßnahmen darf nicht der Appell an die Eigenverantwortung der Motorradfahrer*innen vergessen werden. Bei durchschnittlich 40 Prozent der Motorradunfälle handelt es sich um Alleinunfälle, die vor allem durch unangepasste Geschwindigkeit, Selbstüberschätzung und Fahrfehler verursacht werden. Durch das richtige Fahrverhalten im Straßenverkehr könnten diese Unfälle somit verhindert und deren Folgen durch das Tragen ausreichender Schutzausrüstung minimiert werden.
Das KFV hat die wichtigsten Sicherheitstipps für Motorradfahrer zusammengefasst:
- Kein Motorradfahren ohne passende Schutzausrüstung!
- Aufmerksam fahren! Auf die Fahrbahnbeschaffenheit und etwaige Gefahrenquellen achten!
- Fahrverhalten anpassen! Das Fahrverhalten muss stets der Situation, dem Können und der Übung entsprechend angepasst sein.
- Genügend Sicherheitsabstand einhalten! Wichtig ist für Moped- und Motorradfahrer*innen, dass sie von anderen Verkehrsteilnehmenden wahrgenommen werden.
- Sicherheit geht vor Geschwindigkeit!
- Kurve gekonnt passieren! Um eine Kurve mit genügend Sicherheitsreserven passieren zu können, ist es essenziell, nicht zu früh einzulenken und den Scheitelpunkt eher zum Kurvenausgang zu verlegen (die Kurve „hinterschneiden“). Da das spätere Einlenken nicht unserer instinktiven Fahrweise entspricht, muss es bewusst trainiert und unter professioneller Anleitung geübt werden!
Bildmaterial zu den neu angebrachten Bodenmarkierungen auf der Brennerstraße finden Sie hier: https://www.apa-fotoservice.at/galerie/33553
Bildrechte: KFV/APA-Fotoservice/Hetfleisch