Jedes 3. im Straßenverkehr verunglückte Kind war mit dem Rad unterwegs
Jedes Jahr verunfallen durchschnittlich 2.400 Kinder beim Radfahren im Straßenverkehr in Österreich. Kinder zwischen 6 und 14 Jahren nehmen für ihre täglichen Schul- und Freizeitwege oft bereits selbständig am Straßenverkehr teil. Besonders radfahrende Kinder sind in dieser Altersgruppe gefährdet: Jedes dritte im Straßenverkehr verunglückte Kind war in den letzten drei Jahren als Rad- oder E-Scooter-Fahrer*in unterwegs, belegt die Verkehrsunfallstatistik (34%, 6-14 Jahre, 2021-2023), noch vor Unfällen mit Pkw (31%) und als zu Fuß Gehende (23%). Bei der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen waren es sogar 40 Prozent. Das KFV fordert daher eine kinderfreundliche Radinfrastruktur.
„Die notwendigen Maßnahmen liegen auf dem Tisch. Es ist ein Auftrag an die Politik, diese dringend in die Tat umzusetzen und Österreichs Straßen rad- und kindersicher zu machen.“
Wien, 03. Oktober 2024. Radfahren auf Österreichs Straßen ist für Kinder gefährlich: In den letzten 10 Jahren verletzten sich laut KFV-IDB insgesamt fast 24.000 Kinder von 6 bis 14 Jahren beim Radfahren im Straßenverkehr so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten; das sind durchschnittlich 2.400 Kinder pro Jahr. Laut Straßenverkehrsunfallstatistik wurden in den letzten 10 Jahren sechs Kinder im Alter von 6 bis 14 Jahren beim Radfahren im Straßenverkehr getötet.
Mangelnde Radinfrastruktur
Was fehlt ist u.a. eine kinderfreundliche Verkehrsinfrastruktur, die auch auf die Sichtbarkeit und Bedürfnisse der Kinder eingeht, so das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV): „Unsere Straßen-Infrastruktur ist auf Erwachsene ausgelegt, unter anderem mit zu hohen Geschwindigkeiten und qualitativ und quantitativ schlechter Infrastruktur, um geschützt Radfahren lernen zu können“, erklärt Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV.
Kinder sind beim Radfahren oft früh mit komplexen, unübersichtlichen Verkehrssituationen konfrontiert. Auch die Zahlen zeigen deutlich: Der Großteil der bei Radunfällen verunglückten Kinder im schulpflichtigen Alter verunfallte im Ortsgebiet (84%). Notwendig wären daher besonders auch Änderungen der Verkehrsinfrastruktur: „Radfahrende brauchen ausreichend Platz, um sicher unterwegs sein zu können. Insbesondere auch in der Umgebung von u.a. Schulen und Freizeiteinrichtungen sollte Kindern eine sichere Radinfrastruktur geboten werden, möglichst ohne Konfliktpunkte mit einem Kfz. Gerade bei hohen Kfz-Geschwindigkeiten ist eine Trennung des Radverkehrs vom Kfz-Verkehrs durch eigene Radfahranlagen wichtig. Das heißt: Entweder Autofahrende fahren langsamer oder wir brauchen in Österreich mehr abgetrennte Radwege, Fahrradstraßen, Rad- oder Mehrzweckstreifen “, so Robatsch.
„Unsere Straßen-Infrastruktur ist auf Erwachsene ausgelegt, unter anderem mit zu hohen Geschwindigkeiten und qualitativ und quantitativ schlechter Infrastruktur, um geschützt Radfahren lernen zu können.“
Ungeschützte Verkehrsteilnehmende
Auffällig ist, dass Kinder ab 10 Jahren als Radfahrende häufiger verunfallen: Rund 81 Prozent der mit dem Rad verunfallten Kinder sind 10 bis 14 Jahre alt. Besonders hervorsticht dabei der Pkw als Unfallgegner: Wenn Kinder als Radfahrende (6-14 Jahre) mit einem anderen Verkehrsteilnehmenden kollidieren, dann ist in zwei Drittel der Fälle (67%) ein Pkw involviert, gefolgt von anderen Radfahrenden (19%). Insbesondere komplexe Verkehrssituationen haben auch Anteil an Radunfällen mit Kindern: Rund jeder fünfte Unfall ereignete sich auf Kreuzungen. Rund jeder 10. Unfall je im Richtungsverkehr und im Begegnungsverkehr.
„Kinder sind nicht nur aufgrund ihrer Größe schlechter sichtbar, sondern auch aufgrund schlechter Sichtverhältnisse oder unübersichtlichen Kreuzungen und Querungen gefährdet.“
Ab 10 Jahren (bzw. 9 Jahren und Besuch der 4. Schulstufe) ist es zudem möglich die freiwillige Radfahrprüfung zu absolvieren, die den Kindern erlaubt, allein mit dem Rad im Straßenverkehr zu fahren. Aufgrund ihrer geringen Größe können Kinder aber leichter übersehen werden: „Kinder sind eine der Gruppen von Verkehrsteilnehmenden, die besonders ungeschützt ist: Sie sind nicht nur aufgrund ihrer Größe schlechter sichtbar, sondern auch aufgrund schlechter Sichtverhältnisse oder unübersichtlichen Kreuzungen und Querungen gefährdet“, schildert Robatsch die Verkehrssituation.
Kindersicherer Verkehr
Um komplexe Verkehrssituationen für die Kinder zu entschärfen, empfiehlt das KFV diese jedenfalls mit den Kindern im Vorfeld zu üben. Eltern und Begleitpersonen sollten die Kinder dabei nicht überfordern: Die Fähigkeiten der Kinder, die für die eigenverantwortliche und situationsangepasste Verkehrsteilnahme mit dem Fahrrad auf der Straße Voraussetzung sind, entwickeln sich erst mit zunehmendem Alter. Jüngere Kinder hingegen können sich im Straßenverkehr aufgrund komplexer Situationen noch überfordert fühlen.
„Wenn wir auch für Kinder sowie ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen im Verkehr planen, dann planen wir für alle.“
Aber besonders auch die Erwachsenen müssen lernen, ihren Fahrstil anzupassen, um Unfälle zu verhindern: Geschwindigkeiten sollen sich an den jeweiligen Witterungs- und Straßenverhältnissen orientieren. Und: „Wir müssen unsere Verkehrsplanung endlich anpassen. Wenn wir auch für Kinder sowie ältere und mobilitätseingeschränkte Menschen planen, dann planen wir für alle“, so Robatsch: „Die notwendigen Maßnahmen und funktionierenden Präventionskonzepte – wie die RVS „Radverkehr“ – liegen auf dem Tisch. Es ist ein Auftrag an die Politik, diese dringend in die Tat umzusetzen und Österreichs Straßen rad- und kindersicher zu machen.“
KFV-Tipps für sicheres Radfahren mit Kindern
- Achten Sie auf die richtige Ausstattung des Fahrrads (Bremsen, Glocke/Hupe, Rück- und Seitenstrahler, Vorder- und Rücklicht etc.). Mehr Informationen finden Sie in der verlinkten Grafik.
- Nehmen Sie das Kind mit zum Kauf im Fachhandel, um die entsprechende Fahrradgröße und den passenden Radhelm zu finden. Ein Fahrradhelm wird jedem Alter dringend empfohlen, Kinder bis zum 12. Lebensjahr haben Radhelmpflicht. Der Helm sollte gut sitzen und helle Farben sowie reflektierende Elemente für bessere Sichtbarkeit des Kindes aufweisen. Es hilft auch, wenn der Helm dem Kind gut gefällt; dann wird er lieber getragen.
- Vergessen Sie nicht als Vorbild ebenfalls Helm zu tragen.
- Tauschen Sie nach einem Sturz den Helm jedenfalls – auch, wenn keine offensichtlichen Schäden erkennbar sind.
- Stellen Sie das Fahrrad laufend auf die wachsende Körpergröße des Kindes ein, indem Lenker- und Sattelhöhe sowie Bremsen eingestellt werden. Bringen Sie das Fahrrad regelmäßig zum Fahrradservice.
- Üben Sie das sichere Fahrradfahren zunächst abseits des Straßenverkehrs, dann auf wenig befahrenen Straßen und später im „normalen“ Straßenverkehr: Geübt werden sollten etwa das Handling des Fahrrads, Verkehrsregeln und Situationen wie Abbiegen oder die richtige Annäherung an Kreuzungen. Hier unterstützen die beispielhaften Übungssituationen für das Radfahren im Straßenverkehr aus der KFV-Übungsanleitung „Kinder radelt“ sowie zum spielerischen Üben der Verkehrsregeln die kostenlose KFV-App „Risi & Ko – Fahrrad-Challenge“ und die neue Online-Plattform radfahrpruefung.at.