Flutkatastrophen: Betroffene leiden oft langfristig unter gesundheitlichen Belastungen und finanziellen Problemen

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Extremwetter – wie beispielsweise Unwetter und Überschwemmungen – werden immer häufiger und forderten zuletzt auch in Mitteleuropa viele Todesopfer und verursachten Schäden in Milliardenhöhe. Was dabei oft untergeht: die betroffenen Menschen stehen auch noch lange nach der Katastrophe vor großen physischen und psychischen Belastungen und finanziellen Problemen.

Wien, 08. Juli 2022. Mitte Juli jährt sich die Flutkatastrophe mit mehr als 200 Opfern, die vergangenen Sommer in Deutschland zu verheerenden Folgen führte, zum ersten Mal. Auch in Österreich sind aktuell aufgrund von Unwettern und folgenschweren Überschwemmungen zivile Opfer zu beklagen. Naturkatastrophen, insbesondere an Fließgewässern bzw. durch Niederschläge verursachte Prozesse, haben ein enormes physisches Zerstörungspotential. Während es in ganz Österreich jedes Jahr zu kleineren Überschwemmungen unterschiedlicher Intensität kommt, fanden größere Ereignisse in den Jahren 2002, 2005, 2013, 2018 und zuletzt 2021 statt. Der Bevölkerung ist diese Gefahr durchaus bewusst, wie aktuelle Erhebungen des KFV zeigen: Hochwasser und Überflutungen sind die am meisten gefürchtete Naturgefahr in Österreich. „Die aktuellen Ereignisse sowie die Flutkatastrophe des Vorjahres zeigen, wie hart und unvorbereitet Hochwasserereignisse solcher Größenordnung die Gesellschaft trotz eines vergleichsweise gut aufgestellten Katastrophenschutzes treffen können“, erläutert Dr. Armin Kaltenegger, Leiter des Bereichs Eigentumsschutz im KFV. „Dass derartige Geschehnisse leider keine Einzelfälle bleiben werden, zeigen die wissenschaftlichen Erkenntnisse deutlich: Extremwetterereignisse werden immer häufiger.“

Psychische Belastungen und finanzielle Probleme – langfristige Unterstützung von Betroffenen notwendig
Neben den direkten bzw. unmittelbaren Gesundheitsrisiken eines Hochwassers sind Betroffene häufig noch lange nach dem Ereignis mit indirekten gesundheitlichen Folgen konfrontiert. Diese beherrschen den Alltag der Betroffenen und beeinträchtigen ihre Lebensqualität deutlich, wenn die allgemeine und mediale Aufmerksamkeit bereits längst verebbt ist. Dazu zählen etwa neben langwierigen, schwer behebbaren Schäden am Gebäude durch Schimmel oder chemische Kontaminationen mit möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen speziell auch große finanzielle Probleme und psychische Belastungen. So haben Betroffene oft noch lange nach dem Hochwasserereignis mit posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen, Angststörungen und dergleichen zu kämpfen. „Die indirekten, chronischen Gesundheitsfolgen von Hochwasserereignissen sind oft schwerwiegend. Dazu zählen etwa Infektionen – z.B. über das Trinkwasser – Beeinträchtigungen durch Schimmelpilze oder chemische Verunreinigungen. Bisher zu wenig in der Öffentlichkeit beachtet wurden Belastungen und Folgeschäden auf die Psyche. Umso wichtiger ist es daher, dass Betroffene nicht nur Soforthilfe erfahren, sondern ihnen auch mittel- und langfristig geholfen wird, sie also Aufmerksamkeit für die zahlreichen Herausforderungen im Nachgang eines derartigen Ereignisses erhalten“, so Prof. DI Dr. Hans-Peter Hutter, Umweltmediziner und Ökologe.

Präventions- und Reaktionstipps:

VOR DEM HOCHWASSER

  • Hochwasser- und Unwetterwarnungen im TV, Radio oder Internet beachten
  • Informieren Sie sich über aktuelle Fluchtwege und Sammelpunkte
  • Machen Sie sich einen Notfall-Treffpunkt mit Ihrer Familie/Ihren Kindern aus
  • Verstauen Sie wichtige Dokumente in einer wasserdichten Tasche an einem Ort außer Reichweite des Hochwassers
  • Halten Sie eine Notfallausrüstung (Taschenlampe, Telefon, Radio, etwas Wasser und Nahrung) einsatzbereit

WÄHREND DES HOCHWASSERS

  • Den Anweisungen der Rettungskräfte Folge leisten und diese nicht behindern
  • Besonders hilfsbedürftigen und vulnerablen Personen helfen
  • Zu einem höheren Punkt evakuieren
  • Nicht durch Wasser gehen
  • Erst nach Hause gehen, wenn es wieder sicher ist
  • Zusätzlich kann auch Treibgut zu Verletzungen führen. Sind Straßen, Gehwege oder Gärten überflutet, können sich im Wasser unsichtbare Hindernisse befinden und Verletzungen hervorrufen. Nicht selten lässt sich schwer abschätzen, wie tief das Wasser genau ist. Häufig verletzten sich Betroffene, wenn sie sich, ihre Familie, Haustiere und wichtige Utensilien zu retten versuchen
  • Unterschätzt wird häufig das Risiko einer Fahrt mit dem Auto auf bzw. durch überflutete Straßen. Dabei zählt dies zu den häufigsten Ursachen für einen Ertrinkungstod in Europa.
  • Gebäude selbst werden durch Anpralllasten von Strömung und Treibgut gefährdet. Es kann zu einer Gefährdung der Standsicherheit des Gebäudes kommen, außerdem zu Feuchte- und Wasserschäden am Gebäude und dessen Ausstattung.
  • Häuser (und Menschen) können von den Fluten mitgerissen werden, auch Erdrutsche und Muren können Menschenleben gefährden. Stürzen Häuser ein, sind ebenfalls Verletzungen und Todesfälle möglich.

NACH DEM HOCHWASSER

  • Schutz vor Infektionsrisiken und Schutz vor chemischen Expositionen – wird Hutter ausführen.

WAS KANN GESELLSCHAFTLICH GETAN WERDEN:

  • Solidaritätsmodell wie in der Schweiz, verhindert die Überbelastung Einzelner und verteilt das Risiko auf alle. Niedrigere Prämien und umfassende Absicherung.
  • Weitere Bodenversiegelung vermeiden
  • Retentionsräume schaffen
  • Natürliche Ökosystemleistungen wiederherstellen (z.B. Schutzwirkung von Aulandschaften, Wäldern …)
  • Konsequente Einhaltung der Richtlinien, Baunormen und Gesetze zur Erhaltung der Infrastruktur

Bildmaterial: https://www.apa-fotoservice.at/galerie/29170
Bildrechte: KFV/APA-Fotoservice/Schedl

Presseaussendung pdf.