Europaweit jährlich immer noch 32 Millionen Unfälle

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32 Millionen Unfälle ereigneten sich im COVID-19 Jahr 2020 in der Europäischen Union (vor COVID-19 rd. 39 Millionen pro Jahr). 154.000 davon mit tödlichem Ausgang. Unfälle sind somit die fünfthäufigste Todesursache in der EU, so die Bilanz der Expert*innen der EU-Safety. Bei der größten europäischen Konferenz für Unfallprävention, die vom KFV organisiert vom 23. bis 24. Juni in Wien stattfindet, diskutieren Expert*innen Ursachen, Lösungsansätze und Trends des aktuellen Unfallgeschehens. Handlungsbedarf besteht, auch Österreich hat aktuell keine nationalen Aktionspläne zur nachhaltigen Unfallprävention.

Wien, 23. Juni 2022. Jährlich 154.000 Unfalltote und 32 Millionen Unfälle (vor COVID-19 rd. 39 Millionen Unfälle pro Jahr) – das ist die aktuellste Bilanz des Unfallgeschehens in der Europäischen Union (Quelle: EU27, 2020 [EU IDB, WHO]). Unfälle sind somit die fünfthäufigste Todesursache in der EU und verursachen mehr als 3 Prozent aller Todesfälle. Bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 1 bis 19 Jahren sind Unfälle sogar die häufigste Todesursache. Der überwiegende Anteil aller spitalsbehandelten Unfälle (über drei Viertel) ereignet sich im Haushalts- und Freizeitbereich.

Im Bereich der Verkehrs- und Arbeitssicherheit ist das Engagement der meisten europäischen Länder groß – zurecht und mit nachweisbaren Erfolgen. Der Prävention von Unfällen im Privatbereich hingegen wird deutlich weniger Aufmerksamkeit entgegengebracht. Sie stehen nur im Ausnahmefall auf den nationalen Agenden für die öffentliche Gesundheit – trotz steigender Zahlen. „In vielen europäischen Ländern – auch in Österreich – wären durch nationale Aktionsprogramme mit gezielten Präventionsmaßnahmen erhebliche Verbesserungen in der Mortalität und Morbidität von Unfällen möglich, insbesondere bei Unfällen zu Hause und in der Freizeit“, so Dr. Othmar Thann, Direktor des KFV. Aktuell verfügen lediglich drei europäische Staaten (CH, NL, FI) über einen umfassenden nationalen Aktionsplan.

Gamechanger digitale Prävention?
Technische Innovationen haben in der Vergangenheit immer wieder zu entscheidenden Verbesserungen in der Unfallprävention geführt. Aktuell verändert künstliche Intelligenz (KI) unsere Lebenswelten im Eiltempo – doch kann sie auch den steigenden Unfallzahlen etwas entgegensetzen? In einer Befragung ist das KFV den Einschätzungen 42 internationaler Expert*innen aus den Bereichen KI, Robotik und Unfallprävention auf den Grund gegangen. Deren einhellige Meinung: Bis zum Jahr 2030 könnten bis zu 25 Prozent aller Unfälle in Haushalt, Freizeit und Sport durch KI & Robotik verhindert werden. Um dieses vermeintliche Potenzial künstlicher Intelligenz im Bereich der Unfallprävention in der Praxis zu überprüfen, haben das KFV und die FH-Hagenberg einen Praxisversuch gestartet. „Im Zuge einer experimentellen Studie wurde ein KI-Präventionsberater entwickelt, der mittels `Deep Learning Language Models` Unfallszenarien interpretieren und daraus individuelle Präventionstipps ableitet“, so FH-Prof. Mag. DI Dr. Andreas Stöckl, Leiter des Digital Media Department am FH Oberösterreich Campus Hagenberg. Vorläufige Ergebnisse sind vielversprechend und deuten darauf hin, dass neuere Deep-Learning-Sprachmodelle in der Lage sind, große Mengen von Unfalldaten in Textform automatisch zu analysieren, um evidenzbasierte Strategien und Richtlinien zur Verletzungsprävention zu unterstützen.

Sicherheit und Akzeptanz von KI und Robotik in der Bevölkerung
Auch wenn KI- und Robotik-Anwendungen das Potenzial haben, die Sicherheit unserer Lebenswelten zu steigern – sind wir auch bereit, sie zuzulassen?  Befragungen des KFV zeigen, dass die Mehrheit (56 %) der Österreicher*innen KI und Robotik als Chance sieht.  Der Grad an Akzeptanz hängt jedoch stark vom jeweiligen Einsatzbereich ab. So würden sich 71 Prozent der Befragten von Robotern Auskunft geben und 66 Prozent die Gartenarbeit erledigen lassen. Hingegen kommt die Beaufsichtigung der eigenen Kinder nur für eine Minderheit in Frage (11 %) – ebenso wie sich im Falle eines Unfalls auf die Diagnose und Therapie einer KI zu verlassen (22 %). Insgesamt zeigt sich, dass KI und Robotik in den Bereichen Haushalt (78 % Befürwortung), Arbeit (75 %) sowie Sport und Freizeit (64 %) stärkere Akzeptanz entgegenbracht wird als im Verkehr (57 %) und Gesundheitswesen (51 %). „Diese Ergebnisse haben uns überrascht, denn: Gerade im Mobilitätssektor sind die Fortschritte im Bereich der Automatisierung enorm und ihre Implementierung längst im Gange“, so Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV.

Moderne Fahrzeugtechnologien und ihr Beitrag zur Vision Zero
Moderne Fahrzeugtechnologien spielen auf dem Weg zur erstrebten „Vision Zero“ eine essenzielle Rolle. Indem Fahrerassistenzsysteme Lenker*innen in kritischen Verkehrssituationen aktiv unterstützen, lassen sie auch ungeschützten Verkehrsteilnehmenden außerhalb des Fahrzeugs mehr Sicherheit zuteilwerden. Doch der Mensch ist dabei ein entscheidender Faktor. Denn damit Fahrerassistenzsysteme ihr volles Potenzial entfalten können, müssen die Lenkenden mit der Funktionsweise sowie den Grenzen der verschiedenen Systeme vertraut sein. Befragungen des KFV zeigen jedoch: Etwa 40 Prozent der österreichischen Bevölkerung fühlen sich bezüglich der Handhabung von Fahrerassistenzsystemen nicht ausreichend informiert. „Hier besteht massiver Aufholbedarf, denn Systeme, die schwierig zu bedienen sind, können zu unsicheren Fahrmanövern führen oder werden gleich von vornherein abgelehnt“, so Robatsch. Ziel aller Automatisierungsprozesse sollte – egal um welchen Lebensbereich es sich handelt – daher sein, neue Formen der Mensch-Maschine-Interaktion zu finden, die eine intuitive und flüssige Koordination zwischen Menschen und automatisierten Systemen ermöglichen.

Link zum Dashboard „Injuries in the EU“
https://kfv-dashboard.wemos.at/

Bildmaterial

Pressefotos stehen Ihnen unter dem folgenden Link zum Download zur Verfügung: https://www.apa-fotoservice.at/galerie/29148

Abdruck honorarfrei. Bildnachweis: KFV/APA-Fotoservice/Schedl