Wenn plötzlich geöffnete Fahrzeugtüren Radfahrer zu Fall bringen: Die besten Rezepte gegen Dooring-Konflikte

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Rund drei Viertel aller RadfahrerInnen fahren innerhalb der Türöffnungsbreite parkender Fahrzeuge – unliebsame Erfahrungen inklusive. Das KFV liefert mit einer österreichweiten Dooring-Studie aktuelle Einblicke in die Problematik dieser Fahrrad-Fahrzeugtür-Konflikte und empfiehlt Maßnahmen für mehr Sicherheit: gesetzlich verankerter seitlicher Mindestabstand beim Überholen von RadfahrerInnen, ausreichend breite Mehrzweck- und Radfahrstreifen, verbesserte Bodenmarkierungen und verstärkte Bewusstseinsbildung.

Radfahren ist eine runde Sache und liegt voll im Trend: Immer mehr Menschen nutzen das Fahrrad für private und berufliche Fahrten. Diese Entwicklung spiegeln allerdings auch die Unfallzahlen: Österreichweit ereignen sich jährlich rund 7.300 Fahrradunfälle mit Personenschaden im Straßenverkehr. Doch nicht alle Unfälle dieser Art werden offiziell registriert: Rund 31.000 Radverkehrsunfälle – so lautet die KFV-Berechnung für die realistische Anzahl pro Jahr.

Dooring-Unfälle: hohe Dunkelziffer, hohes Risiko
Eine hohe Dunkelziffer weisen somit auch die Dooring-Unfälle aus: Kollisionen von RadfahrerInnen mit überraschend geöffneten Türen haltender oder parkender Kraftfahrzeuge. Laut amtlicher Verkehrsunfallstatistik spielen sich nur rund 4 % aller Radunfälle auf diese Weise ab, dennoch ist Dooring im Stadtverkehr ein gefürchtetes und omnipräsentes Sicherheitsproblem. So berichten drei Viertel der in einer KFV-Studie befragten RadfahrerInnen von einem bereits erlebten Unfall oder einer gerade noch bewältigten kritischen Situation wegen einer plötzlich geöffneten Wagentür, die dem Fahrrad den Weg versperrte.

KFV-Studie beleuchtet Dooring-Konflikte
Risiken und Sicherheitsreserven in Sachen Dooring unter der Lupe: Im Rahmen einer österreichweiten KFV-Studie wurde an insgesamt zehn Standorten das Radfahren im Längsverkehr neben haltenden und parkenden Kraftfahrzeugen näher beleuchtet. Die KFV-Untersuchungen umfassten Messungen und Video-Analysen des Fahrverhaltens von Rad- und Kfz-LenkerInnen, standortabhängige und -unabhängige Befragungen von mehr als 1.000 VerkehrsteilnehmerInnen – RadfahrerInnen, Pkw- und Lkw-LenkerInnen – und Analysen der Türöffnungsvorgänge und des Parkverhaltens von Kfz-LenkerInnen.

Fazit der Untersuchungen:

  • Rund drei Viertel aller RadfahrerInnen fahren innerhalb der Dooring-Zone.
  • Bei Kfz-Überholvorgängen bewegen sich über 90 % aller RadfahrerInnen in der Dooring-Zone.
  • Bei 80 % aller Überholvorgänge wird der erforderliche seitliche Sicherheitsabstand von 1,50 m von Kfz-LenkerInnen nicht eingehalten, RadfahrerInnen werden erneut in die Dooring-Zone gedrängt.
  • Dooring stellt für Radfahrende ein erhebliches Unfallrisiko dar. Drei Viertel der 300 befragten RadfahrerInnen gaben an, schon einmal in einen Unfall oder eine kritische Situation mit einer plötzlich aufgehenden Fahrzeugtür oder einem ausparkenden Fahrzeug involviert gewesen zu sein.
  • Die tatsächliche Türöffnungsbreite („Dooring-Zone“) beträgt 0,75 m. Die Analyse von insgesamt 100 Türöffnungsvorgängen zeigt: 85 % aller FahrzeuglenkerInnen öffneten die Tür bis maximal 0,75 m Breite – gemessen ab der Außenkante des Seitenspiegels. In rund 75 % aller beobachteten Fälle wurde die Fahrzeugtür sofort bis zur maximalen Öffnungsbreite geöffnet.
  • Mangelhaftes Parkverhalten verschärft die Dooring-Gefahr. Mehr als die Hälfte der untersuchten Fahrzeuge überragten die fahrbahnseitige Parkstreifenbegrenzung, die Dooring-Zone rückt somit näher an die Radfahrenden heran.
  • Bodenmarkierungen beeinflussen die Wahl der Fahrlinie. RadfahrerInnen orientieren sich vor allem an Längsmarkierungen. Zusätzliche Fahrrad-Piktogramme samt Pfeilmarkierungen (z. B. „Sharrows“) können die Wahl der Fahrlinie sicherer gestalten und RadfahrerInnen auch für andere LenkerInnen im Straßenraum sichtbarer machen.

KFV empfiehlt Maßnahmenpaket gegen Dooring-Konflikte
Um die Sicherheit von RadfahrerInnen im Längsverkehr neben haltenden und parkenden Kfz nachhaltig zu verbessern, ist ein Gesamtpaket an Maßnahmen in den Bereichen Ausbildung und Bewusstseinsbildung, Infrastruktur und Recht erforderlich.

Die wichtigsten empfohlenen Maßnahmen:

  • gesetzliche Verankerung des seitlichen Mindestabstands von 1,50 m beim Überholen von Radfahrern in der Straßenverkehrsordnung,
  • das Einhalten der Regelbreite von Mehrzweck- und Radfahrstreifen neben Längsparkern von 1,75 m, um ein gefahrloses Vorbeifahren zu ermöglichen,
  • Längsmarkierungen und Fahrrad-Piktogramme samt Pfeilmarkierungen („Sharrows“) zur Beeinflussung der Wahl der Fahrlinie,
  • verstärkte Bewusstseinsbildung und Ausbildungsschwerpunkte sowohl für Kfz-LenkerInnen als auch für RadfahrerInnen:
    • Kfz-LenkerInnen sollte das sichere Öffnen der Fahrzeugtüren in Erinnerung gerufen werden, das achtsamere Öffnen der Fahrertür mit der rechten Hand („Dutch Way“) sollte gefördert werden.
    • Der ausreichende seitliche Sicherheitsabstand beim Überholen (1,5 m) sollte in der Kfz-LenkerInnen-Ausbildung verstärkt thematisch aufgegriffen werden.
    • RadfahrerInnen sollten auf das Halten eines ausreichenden Sicherheitsabstands zu parkenden Fahrzeugen hingewiesen werden. Das riskante Befahren der Dooring-Zone sollte vermieden werden.

Die gesamte Studie zum Download ist hier verfügbar:
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