Das Leben am seidenen Faden! Der Trendsport Aerial Silk unter der Lupe

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Man kennt sie vom Cirque du Soleil und anderen Zirkusshows: Luftakrobat*innen, die elegant und beinahe schwerelos über den Köpfen ihres Publikums fliegen und dabei atemberaubende Kunststücke an zwei seidenen Tüchern präsentieren. Und obwohl es bei den Profis beinahe mühelos aussieht, ist es tatsächlich ein Ganzkörper-Workout mit Adrenalinkick, das auch nicht ganz ungefährlich ist.
Welches Equipment man für ein sicheres Training benötigt und welche Risiken beim Aerial Silk generell bestehen, hat sich das KFV genauer angesehen.

Was ist Aerial Silk überhaupt? Aerial Silk, oder auch (Vertikal-)Tuchakrobatik, zählt neben Yoga, Pole Dance und Calisthenics zu den Trendsportarten der letzten Jahre und tatsächlich ist es auch eine gute Kombination von all diesen Bewegungsformen zusammen. Denn um sich auf den Tüchern in der Luft elegant zu bewegen, benötigt es die Flexibilität und Balance von Yoga, den tänzerischen Part von Pole Dance und die grenzüberschreitende Kraft von Calisthenics. Klingt anstrengend, ist es auch. Dennoch muss man sich nicht scheuen, sich ans Tuch zu wagen, da sich die ersten Grundübungen, wie Klettern und einfache Wicklungen mit ein bisschen Training relativ schnell erlernen lassen.

Das Verletzungsrisiko: Generell ist Aerial Silk hierzulande als Sportart vergleichsweise unbekannt, wodurch sich auch die Unfallzahlen im Rahmen halten. Doch ungefährlich ist der Sport an den seidenen Tüchern keineswegs. Allein das Turnen in einigen Metern Höhe birgt die offensichtliche Gefahr, unabsichtlich zu fallen und zu stürzen, da die Trainierenden allein auf ihr Training und die dabei erworbenen Fähigkeiten angewiesen sind. Denn eine Sicherung durch ein Sicherheitsseil am Körper oder ein Sicherheitsnetz über dem Boden gibt es im Normalfall nicht. Fehlt zudem die dicke Crashmatte am Boden, ist das Verletzungsrisiko enorm und kann schnell zu Knochenbrüchen und Kopfverletzungen führen. Aber auch Verbrennungen, aufgrund von zu starker Reibung des Tuchs auf nackter Haut, gehören zu den typischen Verletzungen der Luftakrobat*innen. Aus diesem Grund wäre es wichtig lange Trainingskleidung zu tragen, was jedoch vor allem im Sommer aufgrund der Hitze gerne vernachlässigt wird.
Ein weiteres Verletzungsrisiko besteht durch das Verwickeln. Einmal das Tuch falsch um die Hüfte gewickelt oder sich zu öft in die falsche Richtung gedreht, zieht sich das Tuch um den Körper zusammen und beginnt die Körperteile langsam einzuschnüren. In Studios, wo Sicherheitsleitern bereitstehen, um einen verwickelten Akrobaten aus den Tüchern zu befreien, ist dies nicht ganz so gefährlich. Doch beim alleinigen Training zuhause beispielsweise kann das Verknoten und folglich Einschnüren von diversen Körperteilen, mitunter kopfüber und in ein paar Metern Höhe, schwerwiegende Folgen haben. Aus diesem Grund sollte das Training auch niemals allein stattfinden, denn im Fall des Falles ist rasche Hilfe entscheidend.

Hochwertiges Equipment ist zur eigenen Sicherheit ein Muss: Für das Tanzen an den Tüchern benötigt es in Wahrheit nicht viel. Neben dem Tuch an sich – hierfür dürfen jedoch ausschließlich geprüfte Materialien benutzt werden, die für die enormen Krafteinwirkungen und für diese Sportart zugelassen sind – nur noch viel Luft nach oben und eine geeignete Aufhängevorrichtung. In professionellen Studios ist mit belastungsfähigen Aufhängepunkten, Sicherheitskarabinern und Crashmatten am Boden für die Sicherheit der Trainierenden gesorgt. Auch für das Training zuhause sollte auf qualitativ hochwertige Sicherheitskarabiner ebenso wie eine Sicherheitsmatte für den Boden gesetzt werden.

Outdoor-Training: ein Spiel mit der Sicherheit? Im Sommer lockt das schöne Wetter manche Luftakrobat*innen in die freie Natur, wo das Training dann meist unter anderen Voraussetzungen stattfindet. Hier werden große, alte Bäume, Brückengeländer oder andere hohe Vorrichtungen zum Aufhängen der Tücher verwendet, deren Tragfähigkeit manchmal auch sehr fragwürdig sind. Riskant! Denn tatsächlich muss die Aufhängung einiges an Gewicht tragen – nicht nur das eigene Körpergewicht, sondern bei schnelleren Bewegungen und Drops ein Vielfaches davon. Daher sollte in jedem Fall vor der ersten Benutzung ein Industriekletterer, Höhenarbeiter oder Statiker, die in dem Gebiet der Luftakrobatik Erfahrung haben, zur Beratung herangezogen werden, um bei der Auswahl der Aerial-Aufhängungen mit fachlichem Know-How unterstützen zu können. Besser noch wäre jedoch gänzlich auf das Training auf Bäumen im Freien und auf improvisierten Trainingsplätzen, womöglich auch ohne Sicherheitsmatten, zu verzichten, denn die eigene Sicherheit sollte immer oberste Priorität haben.

Trotz der Risiken, die der Sport Aerial Silk mit sich bringt, ist es ein abwechslungsreiches und durchaus empfehlenswertes Ganzkörper-Training, bei dem man sich mit der richtigen Technik auch gerne einmal fallen lassen und sicher in der Luft abhängen kann.