Nächtlicher Schneefall hat sogar Wien in eine Winterlandschaft verwandelt. Zwar ist ein Anhalten des Wintereinbruches nicht zu erwarten – aber wäre das traditionell schneearme Wien auch für plötzlich auftretende Schneemassen gerüstet? Besonders im städtischen Bereich stellen beispielsweise Dachlawinen aufgrund nicht vorhandener Schneefangsysteme, großer Fallhöhen und fehlender Ausweichmöglichkeiten eine potenzielle Gefahr für Passanten, aber auch für abgestellte Fahrzeuge dar.
Wien, 16. Februar 2021. Im Rahmen einer repräsentativen Stichprobenanalyse hat das KFV den aktuellen Stand der Schneefangsysteme auf den Dächern Wiens erhoben. Mehr als 1.600 Wohnhäuser in zwölf Wiener Gemeindebezirken wurden dabei auf das Vorhandensein von Schneesicherungs- bzw. Schneefangsystemen untersucht. Das Ergebnis: Lediglich 22 Prozent aller Dächer sind mit Schneefanggittern, 20 Prozent mit Schneestopphaken ausgerüstet. Mehr als die Hälfte der analysierten Gebäude (55 Prozent) verfügt über keinerlei entsprechende technische Schutzvorkehrung. Damit einher geht ein latent hohes Risiko für Menschen und Sachwerte im Falle vermehrter Schnee- und Eisbildungen.
Schäden auch im „schneearmen“ Wien keine Seltenheit
„Die Begründung, Wien sei eine generell schneearme Gegend und die Gefahr von Dachlawinen daher gering, ist unseres Ermessens nach die falsche Herangehensweise“, ist Dr. Armin Kaltenegger, Leiter des Forschungsbereichs Eigentumsschutz im KFVüberzeugt. Denn: In einer repräsentativen Befragung unter Hausbesitzern in Österreich gaben 16 Prozent der Befragten an, bereits einmal einen Schaden durch eine Dachlawine erlebt zu haben – die meisten dieser Schäden (28 Prozent) ereigneten sich in Wien. „Bei einem Bestand von mehr als 150.000 Wohngebäuden ist bei winterlichen Verhältnissen das Risiko einer Dachlawine in Wien entsprechend hoch – gerade, weil die erwarteten Schneemengen vergleichsweise gering sind und daher auch schnell übertroffen werden können“, so Kaltenegger.
Könnten Sie einem Aufschlag von Dominic Thiem ausweichen?
Dachlawinen können – abhängig von Fallhöhe und Schneebeschaffenheit – eine Geschwindigkeit von bis zu 70 km/h und ein Gewicht von bis zu 500 Kilogramm pro Kubikmeter erreichen. Mit anderen Worten: Ein Schneeball, der aus 12 Metern Höhe fällt, erzeugt in etwa die gleiche Aufprallenergie, wie ein Tennisball beim Aufschlag durch Dominic Thiem aus unmittelbarer Nähe. Vom Ablösen der Lawine bis zum Auftreffen auf die Straße verstreichen lediglich Sekunden – für Passanten, die von einer Dachlawine überrascht werden, ist ein Ausweichen ist damit so gut wie unmöglich.
Räumungspflicht und Haftungsfrage
Mehr als zwei Drittel (64 Prozent) der befragten Wiener Hauseigentümer gaben an, ihr Dach auch im Falle des Auftretens von Schneewachten und Eiszapfen nicht zu räumen. „Viele Hausbesitzer sind offenbar der Ansicht, mit dem Anbringen von Warntafeln, -stangen oder -fahnen bereits ihre Pflicht erfüllt zu haben. Das Anbringen von Warnhinweisen allein ist jedoch nicht ausreichend,“ warnt Kaltenegger. Vielmehr hat der Liegenschaftseigentümer dafür zu sorgen, dass Schnee- sowie Eisbildungen vom Dach eines straßenseitig gelegenen Gebäudes schnellstmöglich beseitigt werden. Jedoch kann auch Passanten unter Umständen im Schadensfall eine Mitschuld angelastet werden, sofern auch sie die notwendige Sorgfalt außer Acht lassen.
KFV Sicherheitstipps für Hauseigentümer
- Die Montage von Schneefanggitter und/oder Schneestopphaken am Dach verringert das Risiko eines Schadens durch herabfallende Schnee- oder Eismassen.
- Eine gute Dachisolierung reduziert die Gefahr von Eisbildung.
- Gebäude im Winter regelmäßig auf Schnee und Eis überprüfen und eine allfällige Räumung ohne Verzug veranlassen. Dies gilt besonders für Gebäude, die direkt an einen Gehsteig angrenzen.
- Das Aufstellen von Warntafeln, -stangen oder -fahnen gilt nur als Erstmaßnahme zur Warnung. Es muss in jedem Fall auch das Dach geräumt werden.
- Die Dachräumung sollte ausschließlich durch Experten erfolgen, denn die eigenhändige Räumung durch Laien birgt ein hohes Verletzungsrisiko.
KFV Sicherheitstipps für Passanten
- Achten Sie bei Dachlawinenwetter besonders auf Ihre Umgebung und richten Sie auch einen Kontrollblick nach oben, wenn Sie an potenziell gefährlichen Stellen entlanggehen.
- Beachten Sie als Fußgänger entsprechende Warnschilder und -tafeln und ändern Sie gegebenenfalls Ihre Route.
- Parken Sie nicht in Bereichen, die potenziell anfällig für Dachlawinen sein könnten.