Innenminister Karl Nehammer, der Direktor des Bundeskriminalamtes (BK), Gerhard Lang, sowie der Direktor des „Kuratoriums für Verkehrssicherheit“ (KfV), Othmar Thann, informierten am 23. Oktober 2020 in Wien über aktuelle Entwicklungen im Bereich der Cyber-Sicherheit. Der Cybercrime-Report 2019 ist unter „Dokumente“ abrufbar.
„Die Digitalisierung gehört zu den globalen Trends unserer Gesellschaft, ist fester Bestandteil unseres Lebens geworden und hat unser Leben erleichtert, aber auch neue Herausforderungen mit sich gebracht“, sagte Innenminister Karl Nehammer. „Bereits während der Corona-Ausgangsbeschränkungen im März und April dieses Jahres haben wir erkannt, dass sich Kriminalitätsformen wie Diebstähle oder Körperverletzungen im öffentlichen Raum stark reduziert haben und eine massive Verlagerung der Kriminalität in den virtuellen Raum stattgefunden hat“, sagte der Innenminister.
Virtueller Raum kein rechtsfreier Raum
Diesen neuen Formen von Kriminalität müsse wirkungsvoll begegnet werden, denn der virtuelle Raum sei kein rechtsfreier Raum, betonte Nehammer. „Deshalb gilt mein Dank dem Direktor des ‚Kuratoriums für Verkehrssicherheit‘, Othmar Thann, für die hervorragende Kooperation. Die Studie mit der Untersuchung des Dunkelfeldes ist eine wertvolle Grundlage für die Ausrichtung der polizeilichen Arbeit.“
Umfrage „Betrug beim Online-Shopping“
Laut der IFES-Umfrage im Oktober 2020 von 1.002 Menschen im Alter von 18 bis 80 Jahren tätigen rund vier Millionen Menschen in Österreich mindestens einen Einkauf im Monat im Internet. Sie geben dabei im Durchschnitt 70 Euro aus. Rund 324.000 Menschen wurden dabei in den vergangenen zwölf Monaten Opfer eines Betrugsfalles. Die Schadenshöhe betrug etwa 50 Euro, bei 17 Prozent mehr als 200 Euro. Es wurden rund 18.000 Anzeigen in den vergangenen zwölf Monaten bei der Polizei wegen Internetbetrugs aufgenommen. „Es muss in eine Präventionsstrategie entwickelt werden“, sagte Othmar Thann, „um die Kompetenz der Benutzer zu stärken, damit sie im Internet sicher unterwegs sind.“ Es werde befürchtet, dass künftig zumindest jeder zehnte Online-Shopper Opfer von Betrug beim Online-Shopping werden wird – und dagegen müsse man ankämpfen, ergänzte der KfV-Direktor.
Verdopplung der Cyber-Cops
Ziel sei, die gesamte österreichische Polizei bis auf Polizeiinspektions-Ebene Cyber-fit zu machen, betonte der Innenminister. „Daher werden künftig IT-Themen bereits in die Polizeigrundausbildung einfließen, um ein technisches Basisverständnis zu schaffen, und auch in der Fortbildung wird der Fokus auf Cyber-Themen gelegt werden.“ Derzeit gebe es rund 300 Bezirks-IT-Ermittlerinnen und -Ermittler, sogenannte Cyber-Cops, deren Zahl bundesweit verdoppelt werden solle, betonte Nehammer. Der Schwerpunkt läge auch im Aufbau eines Ausbildungscampus in Kooperation mit einer universitären oder fachhochschulischen Einrichtung in Österreich, um Polizistinnen und Polizisten für digitale Forensik und digitale Ermittlungen auszubilden, ergänzte der Innenminister. „Damit sollen Spezialistinnen und Spezialisten für das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter auf international vergleichbarem Niveau geschaffen werden.“
Neue Herausforderungen bei Ermittlungen
„Die steigenden Anforderungen an die Technik und die Entwicklungen der Kriminalität brauchen zeitgemäße Ermittlungsmethoden“, sagte Nehammer, der als Beispiel den Suchtmittelhandel im Darknet nannte. „Hier werden künftig Spezialisten aus dem Bereich Suchtmittel mit Darknet-Ermittlern und digitalen Finanzermittlern zusammenarbeiten, um Fälle aufklären zu können.“ Bei einem Angriff mit Ransomware auf ein Unternehmen werden beispielsweise mobile Unterstützungseinheiten eingerichtet, um vor Ort die IT sichten und Abwehrmaßnahmen setzen zu können, betonte der Innenminister.
Polizei in Österreich fit für das 21. Jahrhundert
Im Bundeskriminalamt werde künftig eine zentrale Unterstützungseinheit für Social Media-Ermittlungen eingerichtet, sage Nehammer. „Auch hier bedarf es spezieller Kenntnisse und Fähigkeiten, um rasch Beweise sichern und die Spur von Tätern verfolgen zu können.“ Die Polizei müsse zeitgemäß ausgerüstet sein, „deshalb werden den Ermittlern notwendige kriminalistische Tools und Lösungen in einer neuen Infrastruktur zur Verfügung gestellt.“ Die Polizei in Österreich sei fit für das 21. Jahrhundert, hob der Innenminister hervor. Es komme aber auch auf die Eigenverantwortung an, ergänzte der Innenminister. Jede Maßnahme, werde nichts nützen, „wenn wir es nicht schaffen, dass bei den Menschen ein Gefahrenbewusstsein entsteht, wenn sie sich im Internet bewegen“.
Kein Delikt ohne Zusammenhang mit IT
Es gäbe heute kein Delikt mehr, dass nicht in Zusammenhang mit IT stehe, sagte BK-Direktor Gerhard Lang. „Einerseits sind aufgrund der Technologie neue Delikte entstanden, zum Beispiel Hacking, andererseits haben sich viele der Straftaten ins Internet verschoben, wie Erpressung oder Betrug.“ IT-Ermittlerinnen und -Ermittler stünden unter anderem im Einsatz, wenn ein Suchtgift-Deal im Darknet aufgespürt werde, eine Schadsoftware die Daten ganzer Unternehmen verschlüssele, GPS-Daten eines Autos nach einem Diebstahl ausgelesen würden oder ein Suizid in den Sozialen Medien angekündigt würde, betonte Lang.