Wer bremst, verliert – allzu oft die Balance: Vor allem auf dem E-Bike enden Fahrten bei höherem Tempo immer wieder mit Überschlägen. Antiblockiersysteme für E-Bikes können Abhilfe schaffen.
Seit Beginn des E-Bike-Booms wandern jährlich mehr und mehr Elektro-Fahrräder über die Ladentische: War 2012 jedes zehnte verkaufte Fahrrad eines mit elektrischem Antrieb, lag der Marktanteil 2019 bei 39%. Die Vorteile von E-Bikes liegen auf der Hand: E-Bike-Fahren bringt Bewegung, ist aber weit weniger anstrengend. Distanzen und Steigungen werden leichter überwunden, man kann mit oder ohne elektrischen Support in die Pedale treten und transportiert Lasten weitaus müheloser als mit dem klassischen Drahtesel. Die Nachteile: Ein E-Bike ist schwerer, teurer und weniger umweltfreundlich als ein Fahrrad ohne Batterie. Und es bringt neue Gefahren mit sich – zum Beispiel den ungewollten Salto beim Bremsen. ABS kann gegensteuern.
Höheres Tempo – höheres Risiko
Wie KFV-Messungen zeigen, liegt das gefahrene Durchschnittstempo von Pedelecs um 3,4 km/h höher als jenes gewöhnlicher Fahrräder. Unfall- und Verletzungsrisiko sind damit deutlich höher – besonders für ältere Personen und GelegenheitsnutzerInnen mit mangelnder Fitness und Praxis. Wer schon einmal mit dem (E-)Fahrrad eine Vollbremsung auf Schotter hingelegt hat, weiß Bescheid: Starkes Bremsen nur per Vorderradbremse führt bei entsprechendem Tempo zum Blockieren der Räder, zum Wegrutschen des Vorderrades, zum Abheben des Hinterrades und im schlimmsten Fall zum Überschlag von Fahrrad und FahrerIn. Und das in Sekundenbruchteilen.
Rund 5.800 verletzte E-Biker pro Jahr
Die Unfallstatistik beweist: Ein Mehr an Sicherheit ist für E-Bike-FahrerInnen dringend gefordert. Dazu gehören intensivierte Bewusstseinsbildung, angepasste Infrastruktur und die Nutzung technischer Sicherheitsreserven. Im Jahr 2019 verunglückten auf Österreichs Straßen 1.477 Personen per E-Fahrrad oder E-Scooter, 11 davon tödlich. Die KFV Injury Database (IDB), die auf Interviews mit Unfallopfern in ausgewählten österreichischen Krankenhäusern basiert, verzeichnet im Jahr 2019 rund 5.800 verletzte E-BikerInnen, drei Viertel (78%) davon auf öffentlichen Verkehrsflächen. Wesentlicher Risikofaktor: falsches oder zu starkes Bremsen.
Neues Potenzial durch ABS: Fast 30 Prozent weniger E-Bike-Unfälle
Schluss mit Salto beim E-Bike-Bremsen: Die Lösung heißt ABS. Der Einsatz von Antiblockiersystemen sorgt beim Bremsen für mehr Sicherheit. Mittels Raddrehzahlsensoren wird die Geschwindigkeit der Laufräder überwacht und eine mögliche Blockade des Vorderrades registriert. Bei optimalem Bremsdruck wird kontrolliert abgebremst: Die Reifen drehen sich gerade noch, blockieren aber nicht. Vor allem auf rutschigem Untergrund – Schotter, Rollsplitt, glatter Fahrbahn – verhindert ABS den fatalen Überschlag. Fahrstabilität und Lenkbarkeit bleiben erhalten. Eine internationale Studie zeigt: Bei Vollausstattung aller Pedelecs mit ABS könnten jährlich fast 30 Prozent aller E-Bike-Unfälle vermieden werden.
ABS für E-Bikes bringt:
- besseres Bremsverhalten auf rutschiger Fahrbahn
- Verhinderung von Überschlägen bei Bremsblockaden
- optimierte Fahrstabilität und Lenkbarkeit auch auf rutschigem Untergrund
Aber Achtung:
- Auf bestimmten Bodenbedingungen wie Schotter oder Sand kann ABS zwar einen Überschlag von Bike und BikerIn verhindern, aber doch zu einem verlängerten Bremsweg führen, da sich – anders als beim herkömmlichen Bremsen – kein Keil vor dem Rad aufbaut. Vorausschauende Fahrweise und angepasstes Tempo sind und bleiben daher entscheidende Sicherheitsfaktoren.
- Die hohen Kosten der Antiblockiersysteme: derzeit noch rund 500 Euro – zusätzlich zum Kaufpreis des E-Bikes.
- Das E-Bike-Bremsen mit ABS muss ausgiebig trainiert werden – das völlig neue Bremsgefühl braucht Übung vonseiten des Menschen im Sattel.