Ein KFV-Vergleich verschiedener Fahrradtypen zeigt: Der Trend zum E-Bike bringt neue Herausforderungen in puncto Radverkehrsplanung.
Und das Rad wurde doch neu erfunden – als attraktive Alternative zum Auto: Technische Innovationen rund ums Rad lassen den Trend zum E-Bike anhalten – neben klassischen Fahrrädern finden sich immer mehr Pedelecs und S-Pedelecs auf unseren Straßen. Diese Entwicklung war Anlass für die KFV-Verkehrsforschung, das spezifische Fahrverhalten verschiedener Fahrradtypen näher unter die Lupe zu nehmen – mit dem Ziel eines reibungslosen Miteinanders im Straßenverkehr. Die neue KFV-Studie „Geschwindigkeitsunterschiede ausgewählter Fahrradtypen“ analysiert die Temponiveaus von Fahrrädern ohne Tretkraftunterstützung, Pedelecs und S-Pedelecs – und beleuchtet die neuen Herausforderungenfür Radverkehrsplaner.
Im Test: 101 Personen und drei Fahrradtypen
Im Rahmen der Studie führten 101 ProbandInnen auf einem 1,5 Kilometer langen Rundkurs in einer verkehrsberuhigten Zone in Wien-Meidling Testfahrten mit jeweils drei Fahrradtypen durch: mit einem klassischen Fahrrad, einem Pedelec und einem S-Pedelec. Steigung, Gefälle und flaches Gelände waren auf dem Testparcours ebenso sattelfest zu befahren wie gerade Strecken und verschiedene Kurvenverläufe. Detaildaten zu Geschwindigkeit und Beschleunigung wurden dabei mittels GPS aufgezeichnet. Die statistische Auswertung aller Parameter ermöglichte einen objektiven Vergleich der einzelnen Fahrradtypen. Anhand eines standardisierten Fragebogens wurden alle Testpersonen nach Absolvierung aller drei Fahrten zu ihrer subjektiven Einschätzung von Sicherheit und Komfort bezüglich der unterschiedlichen Fahrradtypen befragt.
Radeln unter Strom: leicht und komfortabel
Ein großer Pluspunkt der Pedelecs und S-Pedelecs nach Ansicht der ProbandInnen ist: Die Kraftersparnis beim Zurücklegen größerer Distanzen und Steigungen. Das Radfahren mit elektrischer Tretkraftunterstützung wird als leichter und komfortabler empfunden – besonders für ältere Personen bedeutet dies einen einfacheren Zugang zu Mobilität und körperlicher Betätigung. Das Fahrgefühl auf dem Pedelec wird eher jenem auf klassischen Fahrrädern gleichgesetzt, die Fahrt auf dem S‑Pedelec ähnelt allerdings – bedingt durch das gesetzlich vorgeschriebene Tragen eines Motorradhelms sowie die möglichen höheren Geschwindigkeiten und stärkeren Beschleunigungen – nach Ansicht der Befragten einer Mopedfahrt.
Mehr E-Bikes, mehr Tempo, mehr Vielfalt
Die quantitative Analyse der Testfahrten zeigt: Fahrräder mit elektrischer Tretkraftunterstützung werden generell mit höheren Geschwindigkeiten gefahren als klassische Drahtesel. Mit dem Pedelec werden auf freier Strecke häufig Geschwindigkeiten um die 25 km/h erreicht. Überschritten wird die 25-km/h-Marke – aufgrund der limitierten Tretkraftunterstützung – aber kaum. Bei den höher motorisierten S‑Pedelecs hingegen nähern sich die gefahrenen Geschwindigkeiten auf freier Strecke eher den 30 km/h. Im Vergleich dazu werden mit konventionellen Fahrrädern auf freien Strecken Geschwindigkeiten um etwa 20 km/h gefahren. Der steigende Anteil der Pedelecs bringt also ein höheres Temponiveau im Radverkehr mit sich. Doch der Radverkehr wird nicht nur schneller, sondern auch inhomogener.
Mehr Raum, mehr Sicht, mehr Sicherheit
Diese neue Vielfalt an Tempolevels im Radverkehr bewirkt auch neue Herausforderungen für die Verkehrsplanung: Ein höheres Geschwindigkeitsniveau von Radfahrern bedeutet auch eine geringere Kompatibilität mit dem Fußgängerverkehr auf gemeinsam benutzten Verkehrsflächen wie etwa kombinierten Geh- und Radwegen. Höhere Annäherungsgeschwindigkeiten von Fahrradnutzern erfordern größere Sichtweiten an Kreuzungen und Querungsstellen und eine großzügigere Dimensionierung der Kurvenradien von Radverkehrsanlagen. Fazit: In Sachen Sicherheit bedarf so mancher Radweg einer Runderneuerung.
Die gesamte Studie zum Download ist hier verfügbar:
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