Endlich Grün: der Lkw fährt los und biegt in die Seitenstraße ein. Dabei übersieht er einen Radfahrer, der sich von hinten nähert, und in den Kreuzungsbereich einfährt. Das Schwerfahrzeug trifft den Radfahrer, dieser wird schwer verletzt. Ähnliche Unfälle wie dieser – auch mit Fußgängern – ereignen sich viel zu oft auf Salzburgs Straßen. Aus diesem Grund führt das KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) gemeinsam mit der WKS und dem Land Salzburg eine Kampagne zum Thema „Toter Winkel“ durch. In Transportunternehmen wird mittels einem um den Lkw positionierbaren „Spiegeleinstellteppich“ den Lkw-Fahrern die Möglichkeit gegeben, die Spiegel an ihrem Fahrzeug optimal zu justieren. Zusätzliche Warnhinweisaufkleber für die Fahrzeuge sowie Informationsfolder zum „Toten Winkel“, die an Radfahrer und Fußgänger verteilt werden, ergänzen die Aktionsreihe.
Salzburg, 4. Oktober 2018. Trotz gesetzlich vorgeschriebener Spiegel am Lkw können Fahrer nicht jeden Bereich rund um ihr Fahrzeug einsehen. Grundsätzlich gilt: Je größer das Fahrzeug ist, desto größer ist der tote Winkel, der unmittelbar vor bzw. hinter dem Fahrzeug oder seitlich am Fahrzeug entstehen kann. Radfahrer oder Fußgänger, die sich in diesen Bereichen befinden, können vom Fahrer nicht gesehen werden. Daher entstehen vor allem in Kreuzungsbereichen immer wieder gefährliche Situationen – bis hin zu tödlichen Verkehrsunfällen. „In den letzten fünf Jahren wurden salzburgweit 1.186 Lkw-Unfälle mit Personenschaden verzeichnet. 204 Radfahrer und Fußgänger erlitten dabei teils schwerste Verletzungen, 11 Personen verunglückten sogar tödlich. Fakt ist, dass fast jeder zehnte Verkehrsunfall, an dem Lkw und Radfahrer beteiligt waren, im Kreuzungsbereich beim Einbiegen stattfand. Diese Unfallart zieht meist schwerste Unfallfolgen nach sich“, betont KFV-Experte Mag. Martin Pfanner. Die Ursache für diese Unfälle liegt häufig darin, dass Radfahrer oder Fußgänger von den Lkw-Lenkern übersehen werden. Diesem Phänomen möchte das KFV gemeinsam mit der WKS und dem Land Salzburg mit dem neuen Verkehrssicherheitsprojekt „Raus aus dem Toten Winkel“, das eine Unterstützung der Lkw-Lenker und die gezielte Information von Radfahrern und Fußgängern umfasst, entgegenwirken.
Für Schüler wird bereits seit vielen Jahren zum Thema „Toter Winkel“ eine erfolgreiche Verkehrserziehungsaktion vom Land Salzburg durchgeführt. Im Rahmen dieser erleben Kinder ab zehn Jahre die Bedeutung des „Toten Winkels“ beim Lkw: Die jungen Menschen können sich vom Fahrersitz aus überzeugen, dass sie ihre Klassenkameraden im toten Winkel nicht sehen können – eine ganze Klasse „verschwindet“. Vermittelt wird auch, was sie selbst für ihre Sicherheit tun können.
Bewusstseinsbildung zur Reduktion von Unfällen
Ungeschützte Verkehrsteilnehmer dürfen sich nicht darauf verlassen, jederzeit von Lkw-Lenkern wahrgenommen zu werden. Selbst bei größter Sorgfalt ist es für diese unmöglich, neben der Konzentration auf das eigentliche Fahren, gleichzeitig alle Fahrzeugspiegel einzusehen. „Wir sind als gewerbliche Güterbeförderer sehr froh, dass das KFV die Initiative zu diesem Projekt ergriffen hat und die Problematik des toten Winkels auch in der breiten Öffentlichkeit aufzeigt. Sowohl meine Kollegen, als auch ich in meinem Unternehmen, laden immer wieder Schulklassen in unsere Betriebe ein, um so schon den Kindern das richtige Verhalten mit dem LKW als Partner im Verkehr zu zeigen. Bei betriebsinternen Schulungen für unsere Lenker betreiben wir, um mögliche gefährliche Situationen im Vorhinein verhindern zu können, zu dieser Thematik gezielte Bewusstseinsbildung. Wir werden unseren Mitgliedsunternehmen die Verwendung der Aufkleber ebenso wie die Nutzung des Spiegeleinstellteppichs empfehlen“, betont Ing. Maximilian Gruber, Obmann der Fachgruppe für das Güterbeförderungsgewerbe der Wirtschaftskammer Salzburg.
Ziel: Minus 10 Prozent Unfälle im Straßenverkehr
„Das Ziel des Projekts ‚Raus aus dem Toten Winkel‘ ist es, dass sich sowohl Lkw-Lenker als auch Radfahrer und Fußgänger bewusst werden, dass der Fahrer Personen im direkten Umfeld des Lkw oft schwer oder gar nicht erkennen kann. Nur so kann ein wesentlicher Sicherheitsbeitrag geleistet werden und die Zahl der Unfälle reduziert werden“, erklärt Mag. Ursula Hemetsberger, Radverkehrskoordinatorin des Landes Salzburg.
„Mit dem Salzburger Verkehrssicherheitsprogramm soll bis zum Jahr 2025 die Zahl der Unfälle um 10 Prozent gesenkt werden. Ein besonderer Schwerpunkt gilt dabei den sogenannten ungeschützten Verkehrsteilnehmern, insbesondere den Fußgängern und Radfahrern“, ergänzt Hemetsberger.
Das Land Salzburg leistet über den Verkehrssicherheitsfonds jedes Jahr finanzielle Beiträge für Verkehrserziehungsaktionen sowie für Sicherheitsinitiativen, Medienkampagnen uvm. Auch das Straßenbau-Budget des Landes ist ganz wesentlich aus dem Blickwinkel der Sicherheit zu betrachten, denn bei vielen Bauprojekten geht es in erster Linie um die Entschärfung von Gefahrenstellen im Straßennetz.
Die Verkehrssicherheitsmaßnahmen im Detail
Zusätzlich zu verschiedensten Infrastrukturmaßnahmen (z.B. vorgezogene Grünphasen für Radfahrer oder vorverlegte Aufstellflächen für Radfahrer im Kreuzungsbereich) und den technischen Maßnahmen am Lkw (z.B. Spiegel, Kamera-Monitor-System, Abbiegeassistent, Notbremsassistent), die zur Vermeidung von Lkw-Unfällen aufgrund des toten Winkels beitragen sollen, setzen das KFV, die WKS und das Land Salzburg auf die gezielte Ausbildung der Lkw-Fahrer. Mit einem sogenannten „Spiegeleinstellteppich“, der aus verschiedenfärbigen Planen besteht und vor Ort im Unternehmen auf den Asphalt aufgelegt wird, erhalten Lkw-Lenker die Möglichkeit, die Lkw-Spiegel optimal zu justieren, um so tote Winkel bestmöglich zu vermeiden. Des Weiteren werden ihnen von KFV-Mitarbeitern Tipps mit auf den Weg gegeben, um Unfälle – vor allem im Kreuzungsbereich – zu vermeiden. Zusätzlich steht auch die Information von Radfahrern und Fußgängern im Fokus. Mit speziellen Warnhinweisaufklebern, welche direkt am Gefahrenpunkt rechts hinten am Lkw aufgeklebt werden, soll signalisiert werden, dass der stehende Lkw auf der rechten Seite nicht überholt werden darf, da man sich damit in den toten Winkel begibt. Mit einem informativen Folder mit Klappmechanismus wird plakativ auf das Thema „Toter Winkel“ hingewiesen, der Verhaltenstipps für Radfahrer und Fußgänger enthält.
Verhaltenstipps für Fußgänger und Radfahrer:
– Seien Sie besonders aufmerksam, wenn ein Fahrzeug neben Ihnen abbiegt oder abbiegen möchte (Blinkzeichen).
– Drehen Sie sich um, bevor Sie eine Kreuzung überqueren, und vergewissern Sie sich, ob ein Rechtsabbieger von hinten kommt.
– Queren Sie nicht direkt vor einem Fahrzeug die Straße, wenn Sie den Fahrer nicht sehen können.
– Warten Sie hinter dem Lkw, nicht neben ihm, wenn Sie beim Radfahren an einer roten Ampel stehen.
– Das rechte Hinterrad eines Lkw hat einen engeren Kurvenradius als das vordere Rad. Achten Sie darauf, sich nicht zu nahe am Fahrzeug zu bewegen und halten Sie genügend Abstand.
– Wenn Sie dem Fahrer nicht in die Augen sehen können, kann er Sie auch nicht sehen! Suchen Sie daher Blickkontakt.
– Verzichten Sie im Zweifelsfall auf Ihren Vorrang.
Verhaltenstipps für Lkw-Fahrer:
– Stellen Sie die Spiegel Ihres Lkw auf Ihre Sitzposition ein.
– Überlegen Sie bei jedem Fahrzeug, das Sie zum ersten Mal benutzen, wo genau die toten Winkel sind.
– Blinken Sie vor dem Einbiegen und vor einem Fahrstreifenwechsel mindestens drei Mal.
– Achten Sie schon in der Annäherung an eine Kreuzung, wer oder was Ihnen beim späteren Einbiegen im Weg sein könnte.
– Achten Sie beim Rechtsabbiegen besonders auf Fußgänger und Radfahrer.
– Beobachten Sie den Bereich vor und neben Ihrem Fahrzeug (vor allem die rechte Seite) bereits, wenn Sie an der Kreuzung warten. Berücksichtigen Sie, dass auch nach dem Anfahren noch weitere Fußgänger oder Radfahrer in den toten Winkel treten bzw. einfahren können. – Schauen Sie immer vor dem Losfahren in den Frontspiegel.
Rückfragehinweis:
Pressestelle KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit) Tel.: 05-77077-1919 I E-Mail: pr@kfv.at I www.kfv.at