1.671 Tote und 520 Mio. € Spitalskosten pro Jahr – So viel könnte Österreich durch mehr Unfallprävention einsparen

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Neue Regierungen setzen gerne Wahlversprechen um und suchen im Gegenzug nach Einsparungsmöglichkeiten. Hohes Potenzial bietet die Vermeidung von Unfällen aller Art. Derzeit liegen die Spitalskosten für Unfallopfer bei rund 2,6 Mrd. Euro, wie der Fachbereich Sport- und Freizeitsicherheit im KFV errechnet hat. Wenn die Unfallzahlen nur um 20 Prozent gesenkt werden könnten, würde das die Spitäler somit um 520 Mio. Euro entlasten und das Geld könnte in die Verbesserung des Gesundheitswesens fließen. Wenn man zudem bei der Verhinderung von Unfalltoten den Verkehrsbereich als historisches Vorbild nimmt, könnten insgesamt 1.671 Tote bei allen Unfallarten verhindert werden.  

Wien, 10. Oktober 2024. Die Senkung der Verkehrstoten ist bereits seit 1959 ein klares Ziel des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV). Durch gezielte Programme ist es allein in den letzten 20 Jahren in einem nationalen Kraftakt gemeinsam gelungen, die Anzahl der Verkehrstoten um 54 Prozent von 878 auf 402 Tote im Jahr 2023 zu senken. In anderen Unfallbereichen, wie etwa im Haushalt-, Freizeit- und Sportbereich, ist allerdings im gleichen Zeitraum die Zahl der Toten um 66 Prozent gestiegen. In Summe ist die Anzahl der Toten bei allen Unfallarten im Jahr 2023 mit 3.094 Toten um 25 Prozent höher als vor 20 Jahren.

Haushalt-, Freizeit- und Sportunfälle reduzieren
„Bewegung und sportliche Betätigung sind für die Aufrechterhaltung der Fitness ungemein wichtig. Zugleich werden die Unfallgefahren im Sport- und Haushaltsbereich sowohl von der Bevölkerung als auch von der Politik noch immer stark unterschätzt. Daher ist es hoch an der Zeit in einem nationalen Schulterschluss die Präventionsmaßnahmen in diesem Bereich endlich ernster zu nehmen und deutlich zu intensivieren“, so Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin des Forschungsbereichs Sport- und Freizeitsicherheit im KFV.  „Wenn es uns gelingen würde, die Anzahl aller Unfalltoten im gleichen Ausmaß wie die Verkehrstoten um 54 Prozent zu senken, dann hätte Österreich nicht insgesamt 3.094 Unfalltote pro Jahr, wie zuletzt, sondern um 1.671 Tote weniger“, so die Präventionsexpertin.

Konkrete Vorschläge für Präventivmaßnahmen
Durch vermehrte Unfallprävention könnte Österreich nicht nur viel Leid erspart bleiben, sondern auch noch viel Geld. Gelingen könnte dies, indem die Zahl der Verletzten im Sport- und Freizeitbereich im selben Ausmaß gesenkt würde wie im Verkehrsbereich. Dort ist in den letzten 20 Jahren (von 2004 bis 2023) die Zahl der Verletzten laut offiziellen Daten um 20 Prozent gesunken. Die mit Abstand meisten Unfälle ereignen sich derzeit allerdings im Haushalts- und Sport- und Freizeitbereich, deshalb gibt es dort auch den größten Hebel für Unfallverhütungsmaßnahmen. Dr. Trauner-Karner: „Wir leben zum Glück in einem Land, in dem nach einem Haushaltsunfall zwar Heilbehelfe gefördert werden, aber zu wenig für die Förderung von Schutzausrüstung und Aufklärungskampagnen getan wird, dazu gehören zum Beispiel rutschfeste Böden und Badematten, gut beleuchtete Treppen und Handläufe, sicheres Spielzeug und Rauchwarnmelder. Ähnliches gilt für den Sportbereich, wo derzeit zwar die Anschaffung von E-Mountainbikes gefördert wird, aber zu wenig Augenmerk auf die Förderung von Protektoren und Schutzhelmen gelegt wird.“

„In Österreich wird zwar die Anschaffung von E-Mountainbikes gefördert, aber noch zu wenig Augenmerk auf die Förderung von Protektoren und Schutzhelmen gelegt“

Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin des Bereichs Freizeitsicherheit im KFV
Dr. Johanna Trauner-Karner, Leiterin des Bereichs Freizeitsicherheit im KFV  ©KFV/APA-Fotoservice/Juhasz

783.000 Verletzte pro Jahr bei Unfällen bieten enormes Präventionspotenzial
Da es im Sport- und Freizeitbereich kein vergleichbares Unfalldatenmanagement (UDM) wie im Verkehrsbereich gibt, befragt das KFV jedes Jahr in ausgewählten Spitälern tausende Unfallopfer und rechnet die Daten im Anschluss hoch. Demnach lag die Zahl der Verletzten bei allen Unfallarten im Jahr 2023 bei 783.000 Verletzten, die laut KFV-Berechnungen Behandlungskosten in Höhe von insgesamt rund 2,6 Milliarden Euro verursacht haben dürften. Eine Reduktion der unfallbedingten Fälle mit Verletzten um nur 20 Prozent würde somit eine Entlastung der Spitäler von rund 520 Millionen Euro bringen. Dadurch würden Mittel frei werden, um diese in die Verbesserung des allgemeinen Gesundheitssystems zu investieren sowie in die Forschung.

KFV-Forderungen an die neue Regierung
„Künftige Regierungen sollten die Chance ergreifen das enorme Einsparungspotenzial durch die Forcierung von Präventivmaßnahmen bestmöglich auszuschöpfen. Derzeit wird das noch viel zu wenig genutzt“, so Dr. Trauner-Karner. Das KFV fordert unter anderem die Einführung von bundesweiten Unfallverhütungsprogrammen, Aufklärungskampagnen, die Forcierung wirksamer Sicherheitstechnik und Forschungsprojekte, um die Ursachen von Unfällen besser zu verstehen und effektive Gegenmaßnahmen entwickeln zu können.

Grafik: Mit Ausnahme von Wien, hat es in den letzten 20 Jahren in allen Bundesländern einen Anstieg bei den tödlichen Unfällen gegeben (alle Unfallarten).

Wohnbundesland Anzahl der Unfalltoten 2004 Anzahl der Unfalltoten 2023 Veränderung in Prozent
Burgenland 94 106 +13%
Kärnten 198 233 +18%
Niederösterreich 561 682 +22%
Oberösterreich 416 586 +41%
Salzburg 160 238 +49%
Steiermark 341 424 +24%
Tirol 203 316 +56%
Vorarlberg 81 109 +35%
Wien 426 400 -6%
Gesamt 2.480 3.094 +25%

Quelle: Todesursachenstatistik, Statistik Austria

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