Verrutscht, verloren, verhängnisvoll: Jeder 10. Lkw-Unfall durch mangelhaft gesicherte Ladung

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Ladegut – gut geladen? Leitern auf der Autobahn, Stahlstangen in Windschutzscheiben: Mangelhaft gesicherte Ladung ist ein rollendes Risiko auf Österreichs Straßen – Wissen über richtige Ladungssicherung daher ein absolutes Muss. Alarmierende Fakten präsentiert eine aktuelle Studie; wertvolles Know-how für die tägliche Praxis liefert eine kostenlose neue Broschüre.

Ladungssicherung unter der Lupe
In einem zweijährigen KFV-Forschungsprojekt wurden Häufigkeit und Ursachen von Unfällen aufgrund mangelhafter Ladungssicherung intensiver denn je unter die Lupe genommen. Das vom Österreichischen Verkehrssicherheitsfonds geförderte Projekt „Grundlagen zur Verbesserung der Ladungssicherung auf Lkw heute und morgen“ – eine Kooperation des KFV (Kuratoriums für Verkehrssicherheit) mit dem Austrian Institute of Technology (AIT) liefert wertvolle neue Einblicke und Erkenntnisse.

Das im Frühjahr 2024 abgeschlossene Forschungsprojekt umfasste eine Literaturrecherche, eine Tiefenanalyse mehrerer Unfalldatenbanken, u.a. der ASFINAG-Ereignisdatenbank, und eine Videoanalyse von 200 Lkw-Unfällen im Zusammenhang mit Ladegutverlust. Darüber hinaus wurden innovative technische Sensoren zur Überwachung der Ladung und zur Branderkennung in und an Schwerfahrzeugen getestet. Ergänzendes Fachwissen brachte ein Team von 28 Expert*innen aus der Privatwirtschaft, der öffentlichen Verwaltung und mehreren Sachverständigen ein.

Jeder 10. Lkw-Unfall durch mangelhaft gesicherte Ladung
In der amtlichen österreichischen Unfallstatistik werden Mängel der Ladungssicherung und technische Fahrzeugdefekte in einer gemeinsamen Unfallursachen-Kategorie zusammengefasst – erschwerend für Unfallursachenforschung und -prävention. Eine aufwendige KFV-Analyse von 200 systematisch erfassten, kategorisierten und ausgewerteten Lkw-Unfallvideos brachte nun Licht ins Dunkel der statistischen Lücken. Die jüngsten Erkenntnisse sind alarmierend: Etwa jeder 10. Lkw-Unfall steht mit mangelhaft gesicherter Ladung in Zusammenhang. Diese Quote ist dreimal höher als bislang vermutet.

„Alles ist möglich, wenn nix fix ist, das beweisen Unfallberichte und Detailanalysen.“

Projektleiter Dipl.-Ing. Martin Winkelbauer

Ladegutverlust – nicht nur ein Lkw-Problem
Unliebsame Überraschungen lieferte aber auch die Untersuchung anderer Fahrzeugarten: Im Rahmen der Studie wurde eine unerwartet hohe Zahl an Ladegutverlusten bei Pkw und Kleintransportern registriert. Projektleiter Dipl.-Ing. Martin Winkelbauer betont: „Ladegutverlust ist kein exklusives Lkw-Problem. Von fliegenden Fahrrädern über verlorene Handwerkerleitern bis zu ungesicherten Stahlstangen, die bei Notbremsungen in Sekundenbruchteilen durch Windschutzscheiben schießen – alles ist möglich, wenn nix fix ist, das beweisen Unfallberichte und Detailanalysen. Die Kräfte der Physik können nicht ausgetrickst werden – korrekte Ladungssicherung geht uns alle an.“

„Ladungssicherung muss in der gesamten Transportkette durchdacht und berücksichtigt werden.“

Projektleiter Dipl.-Ing. Martin Winkelbauer

Gefährlicher Mix: Zeitdruck, Kostendruck, Informationsdefizit
Sichere Beladung braucht fachliches Know-how, geübte Hände und geeignete Zurrmittel, aber auch optimale Ladeeinheiten und gut sicherbare Verpackung. Kontroll- und Unfallberichte zeigen jedoch: Oft mangelt es gleich an mehreren Stellen. Zeit- und Kostendruck sind in der Transportwirtschaft die wesentlichen Treiber fahrlässigen Umgangs mit Ladegut – fataler Informationsmangel verschärft das Problem.

„Von der Produktionsfirma des Ladeguts bis zur Zieladresse: Ladungssicherung muss in der gesamten Transportkette durchdacht und berücksichtigt werden. Es gibt neuralgische Aufgabenfelder im Bereich der Transportorganisation, für die bis dato keinerlei Ausbildungs- oder Prüfungsvorschriften bestehen – hier sind neue Regelungen für mehr Sicherheit gefragt. Die gesamte Verantwortung auf Fahrer und Fahrerinnen abzuwälzen, greift jedenfalls zu kurz – was ungeeignet verpackt oder geladen wird, kann an Bord nicht mehr optimal gesichert werden,“ erklärt KFV-Experte Dipl.-Ing. Martin Winkelbauer.

Ladungssicherung der Zukunft: Alles unter autonomer Kontrolle?
Neue Herausforderungen in Sachen Ladungssicherung werden autonom gesteuerte Gütertransportfahrzeuge der Zukunft mit sich bringen. Ohne den Menschen am Steuer muss das Fahrzeug selbst überwachen, ob alle Ladungsteile noch an Ort und Stelle sind und nicht etwa kippen, von der Ladefläche fallen oder in Brand geraten.

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurden daher auch innovative Überwachungssensoren getestet, die das Ladegut in Lkw-Laderäumen künftig unter Kontrolle halten sollen. Vibro-akustische Sensoren zur Detektion von verrutschtem oder umgefallenem Ladegut erwiesen sich in den Versuchen als durchaus vielversprechend.

Zur Branderkennung sind optische Sensoren zur Detektion von Flammen und Wärmestrahlung sowie lineare Temperatursensoren aus Sicht des Forschungsteams empfehlenswert. Auch optische Überwachung und Branderkennung per Kamera in Verbindung mit automatischer Bildverarbeitung überzeugten in den Tests. Neben zuverlässiger Ereigniserkennung braucht es jedenfalls auch Programme zur Einleitung geeigneter Abwehrmaßnahmen.

Empfehlungen zur Hebung der Verkehrssicherheit
Zur Reduktion der Anzahl der Ladungsschäden und der Unfälle durch Ladegutverlust auf Österreichs Straßen wurden im Rahmen des Projekts folgende gesetzliche Sicherheitsmaßnahmen erarbeitet:

  • eine solide Qualitätssicherung für die Aus- und Weiterbildung Kfz-Lenkender und Anordnungsbefugter im Bereich des Transportwesens,
  • verstärkte Überwachung vonseiten der Exekutive und der technischen Dienste,
  • die Anpassung von Strafen und Prüfgebühren,
  • die Abschaffung von Kontrollhindernissen sowie
  • die Einbeziehung zusätzlicher Personengruppen im Sinne verwaltungsrechtlicher Pflichten und straf- und zivilrechtlicher Haftung.

„Die Kräfte der Physik können nicht ausgetrickst werden – korrekte Ladungssicherung geht uns alle an.“

Projektleiter Dipl.-Ing. Martin Winkelbauer

Gut informiert – gut transportiert: Neuer Leitfaden für wichtigen Durchblick
Intensivierte Information soll Bewusstsein für die Wichtigkeit richtiger Ladungssicherung schaffen: Was gehört wie gesichert? Wie wirken die Gesetze der Physik? Welche rechtlichen Gesetze müssen eingehalten werden? Fragen wie diese beantwortet der kostenlose neue Kompass „Gut informiert – gut transportiert: Ladung sichern – aber richtig!“. Der kompakte Leitfaden sorgt für mehr Durchblick in puncto Ladungssicherung, liefert Links zu weiteren Informationsquellen und ist online sowie in Broschürenform verfügbar.

Hier der Link zum Download der Broschüre:
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Hier der Link zum Download der Studie:
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