Einbruchsdiebstähle in Wohnhausanlagen sind laut Sicherheitsbericht entgegen dem rückläufigen Trend bei anderen Kriminalitätsformen um acht Prozent gestiegen. Wie die Statistik ebenfalls zeigt, zählen Postkästen und Postempfangsboxen zu den bevorzugten Zielen. Angesichts des hohen Paket- und Briefvolumens in der Vorweihnachtszeit ruft der Fachbereich Eigentumsschutz des KFV nun zur besonderen Vorsicht auf. Präventivmaßnahmen werden empfohlen.
Wien, 1. Dezember 2022. Der Versand- und Onlinehandel verzeichnete bereits in den Pandemiejahren 2020 und 2021 ein kräftiges Wachstum. Laut dem Post Monitor der Rundfunk und Telekom Regulierungsbehörde (RTR) ist die Zahl der transportierten Pakete in Österreich allein im Vorjahr um mehr als 16 Prozent auf rund 339 Millionen Stück gestiegen. In Wien gab es laut einer von der Wirtschaftskammer Wien in Auftrag gegebenen Studie mit einem Plus von 35 Prozent auf 128 Millionen Stück sogar noch stärkeres Wachstum, wobei die Branche für die Bundeshauptstadt bis zum Jahr 2030 sogar einen Anstieg auf 200 Millionen Pakete prognostiziert.
Zugleich gibt es im urbanen Raum, wie beispielsweise in Wien, auch überdurchschnittlich viele Wohnhausanlagen. Diese sind laut Sicherheitsbericht (2021) des Innenministeriums besonders beliebte Ziele von Einbrechern. Als Wohnhausanlagen gelten per Definition alle Örtlichkeiten in Mehrparteienhäusern, die nicht als Wohnraum oder Kellerabteil genutzt werden. Dazu zählen zum Beispiel Fahrradabstellräume oder auch Stiegenhäuser. Im Jahr 2021 war der Einbruchsdiebstahl in solchen Wohnhausanlagen sogar die einzige Kriminalitätsform des Einbruchs, die um rund 8 Prozent deutlich gestiegen ist. Besonders beliebte Ziele sind laut Statistik Postkästen und Postempfangsboxen sowie Fahrradräume.
Gelegenheit macht Diebe
Dr. Armin Kaltenegger, Leiter des Bereichs Eigentumsschutz im KFV rechnet für das allmählich anlaufende Weihnachtsgeschäft wieder mit besonders hohem Paketaufkommen und ruft daher während dieser Zeit zur besonderen Vorsicht auf: „Die Änderung des Einkaufsverhaltens macht Einbruchsdiebstähle in Postkästen und Paket-Empfangsboxen zu besonders lohnenden Zielen. Finden die Täter dann auch noch schlecht gesicherte Fahrradabstellräume, gekippte Fenster oder einfach zu überwindende Wohnungstüren vor, können weitere Straftaten hinzukommen“, erklärt Kaltenegger.
Aufschlussreiche Täterstudien des KFV
Wie das KFV anhand von detaillierten Täterstudien weiß, ist das Aufbrechen von Türen an Tatorten manchmal gar nicht notwendig, weil diese von den Besitzer*innen untertags gar nicht abgeschlossen werden. Der KFV-Experte appelliert daher: „Besonders abschreckend wirken versperrte Sicherheitstüren, weil dafür richtig gutes Werkzeug notwendig ist, um diese zu überwinden. Auch Alarmanlagen sind effektive Schutzmaßnahmen, zumal für das Ausschalten technisches Know-how notwendig ist, über das Gelegenheitseinbrecher in der Regel nicht in ausreichendem Maß verfügen“.
Nicht nur ein materieller Schaden
Kaltenegger gibt zudem zu bedenken, dass für den materiellen Schaden von entwendeten oder verloren gegangenen Paketen zwar in der Regel die Paketdienstleister bzw. die Versicherungswirtschaft aufkommen, allerdings nimmt die Abwicklung in der Regel eine gewisse Zeit in Anspruch. Das heißt, im Fall von abhanden gekommenen Weihnachtsgeschenken müssen vor dem Fest noch rechtzeitig passende Ersatzgeschenke bestellt bzw. im stationären Handel gefunden werden. Das sorgt für zusätzlichen Stress, der durch das Ergreifen von ein paar einfachen, aber effektiven Präventivmaßnahmen verhindert werden kann.
KFV Sicherheitstipps für die Vorweihnachtszeit:
- Leeren Sie die Empfangsboxen so bald wie möglich: In immer mehr Wohnhäusern gibt es praktische Postempfangsboxen. Sind die Empfänger*innen bei der Zustellung von Paketen nicht zu Hause, landet ein gelber Zettel mit Strichcode im Briefkasten, der als Türöffner für die Boxen dient. Die Ware liegt zwar in der Regel 14 Werktage zur Abholung in der Box, im Vergleich zur Entnahme am ersten Tag, steigt die Wahrscheinlichkeit des Diebstahls aber auch um das bis zu 14-fache. Fischen Diebe den gelben Zettel heraus, ist die Ware vermutlich ebenfalls weg. Daher sollten Sie bereits bei der Bestellung darauf achten, dass Sie am voraussichtlichen Tag der Zustellung nicht auf Urlaub oder Dienstreise sind, sondern die Ware möglichst noch am Abend der Hinterlegung entnehmen.
- Vermeiden Sie volle Briefkästen: Überquellende Briefkästen verleiten Diebe nicht nur zum Herausfischen der Poststücke, sondern senden auch das Signal aus, dass die dazugehörigen Wohnungen temporär unbewohnt und daher einfachere Ziele für Einbrüche darstellen. Bitten Sie daher vor einer geplanten Abwesenheit vertrauenswürdige Nachbarn Ihren Briefkasten täglich zu entleeren oder richten Sie bei der Post ein Urlaubsfach ein.
- Verstärken Sie die Sicherheit der äußeren Eingangstüren: Wie Medienberichte über entwendete Pakete immer wieder zeigen, gibt es auch Schwarze Schafe unter den Paketzustellern. Zudem gehören sie zu den Berufsgruppen, die über sogenannte Z-Schlüssel Postschlüssel verfügen, mit denen die äußeren Eingangstüren vieler Mehrparteienhäusern geöffnet werden können. Manchmal werden diese auch von Unbefugten nachgemacht. Dadurch ist die erste Hürde für Straftaten in den Wohnhausanlagen genommen. Falls Sie als Bewohner*in ein Mitspracherecht haben, empfiehlt sich daher der Vorschlag zum Umstieg auf moderne Zugangssysteme – beispielsweise über elektronisch codierte Schlösser oder Chipkarten. Diese ermöglichen die befristete Zugriffsgewährung und können auch schwerer nachgemacht werden.
- Wählen Sie sichere Orte für Abstellgenehmigungen: Wenn Sie Ihrem Paketdienstleister aus praktischen Gründen generell eine Abstellgenehmigung erteilen, empfehlen sich möglichst sichere bzw. zumindest uneinsehbare Plätze, die auch vor Nässe, Hitze oder extremer Kälte geschützt sind. Das Abstellen der Pakete neben der Haus- oder Wohnungstür wäre geradezu eine Einladung an mögliche Diebe. Bei kleineren Paketen ist manchmal die Zusendung oder Umleitung der Pakete an die Arbeitsstelle eine Option.
- Lassen Sie keine Geschenke im Auto liegen: Wer seine Weihnachtsgeschenke statt im Versandhandel lieber mit dem PKW in traditionellen Geschäften besorgt, läuft ebenfalls Gefahr zur Zielscheibe von Kriminellen zu werden. Vor allem, wenn die Geschenke zwischen den Einkäufen gut sichtbar im Innenraum des PKW zwischengelagert werden. Sofern es der Platz zulässt, wäre der Kofferraum dafür weit besser geeignet. Wie Standarderhebungen des KFV in abgestellten Fahrzeugen auf öffentlichem Raum von 2020 bis 2022 gezeigt haben, ist das Risiko noch nicht allen Menschen bewusst. Am häufigsten fanden sich in den Fahrzeugen gefüllte Einkaufstaschen (3,0%), gefolgt von Schmuck und (Sonnen)Brillen (2,3%) sowie Taschen (2,2%) und wertvolle Kleidung (1,8%).