Ob in der Kletterhalle farbigen Griffen entlang oder auf Fugen und Rissen den Brückenpfeiler hinauf: Bouldern hat sich zu einem urbanen Sporttrend entwickelt. Das Klettern ohne Seil gilt einerseits als gesundheitsfördernd, andererseits birgt es zahlreiche Verletzungsrisiken. Die allermeisten können jedoch durch einfache Maßnahmen verhindert werden. Das KFV hat dafür die wichtigsten Tipps.
Bouldern, das ist Klettern in Absprunghöhe ohne Seil, fasziniert immer mehr Menschen aufgrund der Einfachheit und des besonderen Freiheitsgefühls. Kletterschuhe und etwas Kalk für die Hände reichen, um in Boulderhallen auf eigens entwickelten Kletterwänden emporzuklettern. Der leicht zu erlernende Sport gilt als gesundheitsfördernd, denn er kräftigt die Rumpfmuskulatur und unterstützt eine gesunde Körperhaltung.
Den gesundheitlichen Vorteilen stehen jedoch zahlreiche Verletzungsrisiken gegenüber. Jedes Jahr verletzen sich beim Bouldern rund 800 Personen so schwer, dass sie im Spital behandelt werden müssen (KFV, IDB Austria, 2016-2021). Rund ein Viertel davon (24%) benötigt stationäre Behandlung. Am häufigsten kommt es zu Knochenbrüchen (42%), gefolgt von Sehnen- und Muskelverletzungen (40%) und Verrenkungen (11%). In vielen Fällen führen hohe Absprünge bzw. unfreiwillige Abstürze zu Verletzungen am Fußgelenk (38%) oder Knie (20%). Aber auch die oberen Extremitäten – Finger (10%), Ellbogen (7%) und Schulter (7%) – sind aufgrund von Überlastungen nicht selten von Verletzungen betroffen. Neun von zehn Verletzungen ereignen sich beim Indoor-Bouldern, meist in Boulder-Hallen. Mehr als die Hälfte der Verletzten ist zwischen 20 und 29 Jahre alt. Das zeigt, dass Bouldern ein Trend der Jüngeren ist.
Sicher wieder hinunter
Beim Bouldern erreicht man oft eine Höhe von mehr als vier Metern. Springt man von dort ab bzw. fällt man hinunter, wirken rund 280 kg auf den Körper – eine echte Belastung für Knochen, Bänder und Gelenke. Gerät man während des Falles in eine Schräglage, sind häufig Verletzungen am Sprunggelenk oder Knie die Folge. Wichtig sind daher alle Maßnahmen, die ein kontrolliertes Landen auf einem weichen, dämpfenden Untergrund ermöglichen.
Dazu zählt erstmal eine geeignete Niedersprungmatte. Während diese in Boulderhallen bereits fest angebracht sind, müssen die sogenannten Crash-Pads beim Outdoor-Bouldern selbst mitgebracht werden. Das richtige Positionieren ist allerdings nicht immer einfach, denn bei Querungen an der Steinwand muss die Matte von Sportskolleg*innen mitgetragen werden. Wichtig ist zudem, dass man aller Möglichkeit nach kontrolliert abspringt oder besser noch, mit Hilfe großer Griffe benachbarter Routen wieder sicher abklettert. Weiters ist darauf zu achten, dass die Sturzzone immer frei von Gegenständen, z. B. Wasserflaschen, ist und sich dort keine anderen Personen befinden. Vor dem Loskletten daher immer einen Kontrollblick durchführen.
Richtig fallen
Das Erlernen der richtigen Falltechnik ist ein wesentlicher Bestandteil von verletzungsfreiem Bouldern. Verliert man den Gripp zur Wand, versucht man im Fallen, wenn möglich balanciert, auf den Beinen zu landen. Die Restenergie fängt man ab, indem man sich nahtlos auf den Rücken rollt und gleichzeitig das Kinn zur Brust zieht. Die Arme sollten seitlich neben dem Körper locker auf den Boden auflegt werden. Es empfiehlt sich Boulder-Kurse zu besuchen, denn dort wird nicht nur diese Technik genau eingeübt, sondern auch das sogenannte „Spotten“.
Beim Spotten stellt man sich mit gestreckten Händen schräg unterhalb eines anderen Kletternden und versucht diesen im Fall eines Sturzes in eine aufrechte Haltung zu bringen, sodass dieser auf den Füßen landen kann. Keinesfalls sollte man jedoch versuchen die fallende Person zu fangen, da hierbei hohe Verletzungsgefahr besteht.
Überlastungsschäden vermeiden
Charakteristisch für das Bouldern sind dynamische Züge, bei denen große Distanzen zwischen den Griffen überwunden werden. Dabei kommt es zu sehr hohen Belastungen der Finger, Arme und Schultern. Typische Boulder-Verletzungen sind daher Ringbandrupturen, Sehnenscheidenentzündungen, Tennis- und Golfer-Ellbogen und Überlastungen im Schulterbereich.
Um Überlastungsschäden vorzubeugen, ist richtiges Aufwärmen besonders wichtig. Mit allgemeinen Mobilisierungsübungen und Stretching bereitet man den Körper auf die Belastung vor. Für das spezifische Aufwärmen eignet sich das Traversieren auf leichten Boulderwänden nahe am Boden. Anschließend mit einfachen Boulderrouten starten und die Schwierigkeit langsam steigern. Gezieltes Dehnen und Kräftigen der Muskulatur hilft dabei, muskuläre Dysbalancen zu vermeiden. Allgemein gilt, die Intensität beim Bouldern nur langsam zu steigern. Denn während sich die Muskulatur schnell an die Belastung anpasst und an Stärke gewinnt, dauert dies beim Sehnen- und Bandapparat deutlich länger. Wer also seine Sehnen und Bänder schützen will, sollte ihnen Zeit zum Gewöhnen geben.
Vorsicht beim Bouldern mit Kindern
Kinder „kraxeln“ gerne, deshalb macht ihnen auch Bouldern richtig Spaß. In Boulderhallen gilt es jedoch mit Kindern besonders vorsichtig zu sein. Die Niedersprungmatten animieren die Kleinen förmlich zum Herumtoben. Der Großteil der Matten ist jedoch Sturzzone. Gelangen Kinder unbeaufsichtigt in diese Zone, droht durch abstürzende Boulder*innen Lebensgefahr. Eltern müssen daher unbedingt ihrer Aufsichtspflicht nachkommen und die Kinder von den Gefahrenstellen fernhalten.
Zudem sind die meisten Boulder-Wände für Erwachsene ausgelegt. Für Kinder sind die Absprunghöhen viel zu hoch. Je nach Alter gilt es darauf zu achten, dass die Kinder eine gewisse Höhe nicht überschreiten. In vielen Kletter- und Boulderhallen gibt es eigene Kinderbereiche mit niedrigeren Wänden. Diese sind ideal, um mit Kindern erste Klettererfahrungen zu sammeln.
KFV-Tipps für verletzungsfreies Bouldern
- Durch gezieltes Aufwärmen den Körper auf die Belastung vorbereiten
- Mit einfachen Kletterrouten beginnen und die Schwierigkeit nur langsam steigern
- Das richtige Fallen gut einüben – am besten einen Kurs besuchen
- Richtig Spotten lernen und sich gegenseitig unterstützen
- Kontrolliert Abspringen und wenn möglich abklettern
- Niedersprungmatten (Crash-Pads) verwenden
- Sturzzonen freihalten
- Nicht zu hoch klettern: Die eigenen Belastungsgrenzen langsam ausloten
- Klettertechnik in Kursen verbessern: Sauberes Steigen und richtige Gewichtsverlagerung geben Halt
- Kinder in Greifweite beaufsichtigen: Absprunghöhe altersgemäß anpassen, auf Sturzzonen achten
- Die Regeln in Boulderhallen unbedingt einhalten