Ersticken im Tiefschnee – Eine unterschätzte Gefahr

Ersticken im Tiefschnee – Eine unterschätzte Gefahr

Powder! Wer schon einmal mit Skiern oder Snowboard durch den Tiefschnee geglitten ist, will mehr davon. Besonders bei großen Neuschneemengen macht das Tiefschneefahren so richtig Spaß. Allerdings lauern gerade dann besonders viele Gefahren auf die Wintersportler*innen. Allseits bekannt ist die Gefahr von Lawinen, die mit zunehmenden Neuschneemengen steigt. Dass auch ohne Lawinen immer wieder Personen im Schnee ersticken, ist den meisten allerdings nicht bekannt.

Frischer Neuschnee wirkt wie Treibsand
Bei großen, lockeren Neuschneemengen mit Einsinktiefen von einem Meter und mehr besteht die Gefahr, nach einem Sturz in den Schnee so tief einzusinken, dass man sich nicht mehr selbstständig befreien kann. Durch die Wucht des Sturzes und des Zusatzgewichts durch einen Rucksack tauchen Kopf und Oberkörper tief ein, gelegentlich sind vom Opfer nur noch die Ski oder das Snowboard zu sehen. Der lockere Schnee wirkt dabei wie Treibsand. Versuche sich zu befreien können dazu führen, dass man noch tiefer einsinkt und immer mehr Schnee von oben nachrutscht. Ohne schnelle Hilfe droht der Tod durch Ersticken.

Hohlräume bei Bäumen sind gefährliche Fallgruben
Sogenannte Baumtrichter oder Baumlöcher (engl. Tree Wells) sind tiefe Hohlräume, die sich meist nach starken Schneefällen rund um Nadelbäume oder Latschen bilden. Verschneite, tief herunterhängende Äste decken die oft metertiefen Schneelöcher ab und machen sie für Wintersportler*innen zu gefährlichen, unsichtbaren Fallgruben. Stürzt man kopfüber hinein, droht Erstickungsgefahr bzw. die Gefahr zu erfrieren. Da bei großen Neuschneemengen die Lawinengefahr steigt, weichen viele Tourengeher*innen und Freerider in vermeintlich schützende Wälder aus. Aber gerade dort gilt es sich vor Baumlöchern in Acht zu nehmen und ausreichend Abstand zu den Bäumen zu halten.

Quelle: CH Media Video Unit/Instagram/jeremy.pascal111

Erstickungsunfälle im Tiefschnee sind häufiger als angenommen

Eine Analyse von Unfallmeldungen zeigt, dass das Ersticken im Tiefschnee häufiger vorkommt, als viele erwarten würden:

  • Jänner 2021 – Silvretta Montafon, Vorarlberg (Unfallmeldung)

39-jähriger Freeride-Skifahrer ist nach einem Sprung kopfüber im Tiefschnee gelandet und konnte sich nicht mehr aus eigener Kraft befreien. Er erstickte.

Ein 26-jähriger britischer Snowboarder stürzte kopfüber in ein 1 Meter tiefes Loch bei einem zugefrorenen Bach. Der Mann konnte sich weder selbst aus dem Loch befreien noch mithilfe einer 16-Jährigen, die den Unfall beobachtet hatte. Der Mann erstickte.

  • Jänner 2019 – Bürgeralpe Mariazell, Niederösterreich (Unfallmeldung)

Ein 62-jähriger Lehrer ist beim Skifahren gestürzt und außerhalb der Piste im Tiefschnee kopfüber stecken geblieben. Bis zur Bergung ist er bereits erstickt.

Eine 24-jährige Snowboarderin aus der Schweiz kam von der Piste ab und stürzte kopfüber in den tiefen Schnee. Obwohl drei Begleiter sofort zur Hilfe eilten, erstickte die Frau in den Schneemassen.

Skifahrer aus Slowenien (35) stürzt im freien Skiraum und bleibt im über 1 m tiefen Schnee stecken. Trotz Reanimation durch die Rettungskräfte stirbt der Skifahrer.

Deutscher Snowboarder (39) stürzt in einer Mulde und bleibt dort kopfüber stecken. Er wird erst in der folgenden Nacht tot aufgefunden, lediglich der Belag des Snowboards ist an der Schneeoberfläche zu sehen.

KFV-Präventionstipps

Damit der Tiefschneespaß nicht zum Alptraum wird, empfiehlt das KFV folgende Verhaltensweisen:

  • Bei großen Tiefschneemengen nie allein unterwegs sein! Im Ernstfall ist die einzige Chance von Begleiter*innen aus dem Tiefschnee befreit zu werden.
  • Abfahren mit gegenseitiger Sichtkontrolle! In der Gruppe kurze Abstände einhalten und regelmäßig zusammenwarten, damit ein Unfall schnell bemerkt wird.
  • Abstand von eingeschneiten Nadelbäumen halten! Die meisten Schneelöcher entstehen bei Nadelbäumen (meist Fichten und Latschen). Am besten immer einen Sicherheitsabstand von zwei Metern einhalten.
  • Bei schlechter Sicht auf Skitouren bzw. Freeriden verzichten! Viel Neuschnee und schlechte Sicht sind eine gefährliche Kombination. Löcher und Mulden sind nur schwer auszumachen, wodurch die Gefahr steckenzubleiben steigt.
  • Sturmhauben oder Vollvisier-Skihelme könne helfen! Denn diese verdecken die oberen Atemwege und verhindern das Eindringen von Schnee. Dadurch können wertvolle Minuten gewonnen werden.
  • Im Ernstfall: Auf sich aufmerksam machen und Ruhe bewahren! Wenn man sich nicht selbständig aus dem Schneeloch befreien kann, gilt es Ruhe zu bewahren, um Sauerstoff zu sparen. Am besten mit einer Pfeife – häufig in die Brustgurtschnallen von Bergsportrucksäcken integriert – auf sich aufmerksam machen.

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