Millionen an entfallenen Schwimmstunden, der Komplettausfall von Schwimmunterricht in den Volkschulen und wenige oder gar keine Schwimmmöglichkeiten: Österreichweit können derzeit 162.000 Kinder (5-19 Jahre) davon rund 132.000 Kinder im Alter von 5-9 Jahren nicht schwimmen. Bemühungen von Schwimmvereinen oder Sommerschwimmkurse alleine reichen nicht um die entstandenen Rückstände beim Schwimmen lernen aufzuholen, kritisieren Unfallexperten des KFV (Kuratorium für Verkehrssicherheit). Sie fordern verstärkte und unbürokratische Maßnahmen auf allen Ebenen, vor allem auch im Schulsportbereich.
Wien, 22. Juni 2021. Seit einem Jahr lernen Volkschulkinder in der Schule gar nicht mehr schwimmen und auch sonst gingen Kinder aufgrund der Corona-Pandemie deutlich seltener schwimmen als die Jahre zuvor. Viele sogar gar nicht (2021: 32 %, 2019: 14%) so die Ergebnisse der aktuellen KFV-Schwimmstudie 2021. „Schwimmen ist eine unvergleichbare Überlebenstechnik, deshalb ist es für jedes einzelne Kind ganz besonders wichtig schwimmen zu lernen. Und das braucht Zeit, Übung und auch Erfahrung mit dem Element Wasser“, so KFV- Direktor Dr. Othmar Thann. Dem Schwimmunterricht im Rahmen des Schulsportes kommt hierbei eine besonders wichtige Bedeutung zu. So wird normalerweise sichergestellt, dass alle Kinder unabhängig ihrer sozialen Herkunft Zugang zu Schwimmkursen bekommen. „Wenn wir nicht hinnehmen wollen, dass auf Dauer viele Kinder – vor allem aus sozial schwächer gestellten Familien die sich Privatschwimmkurse schlichtweg nicht leisten können – nicht schwimmen können, muss eine ambitionierte und beherzte Aufholjagd auf allen Ebenen begonnen werden. Hier braucht es mitunter innovative Maßnahmen angefangen von Förderungsunterstützungen bis hin zu unbürokratischen Zugängen zu Bädern und Unterstützung der Schulen bei der verstärkten Schulschwimmausbildung im Rahmen des Schulsports.“
Lautloses Ertrinken
In Österreich sterben jährlich zwischen 22 und 47 Personen an den Folgen eines Ertrinkungsunfalles. Bei tödlichen Kinderunfällen ist Ertrinken die zweithäufigste Todesursache. „Auf jedes Kind, das ertrinkt, kommt statistisch gesehen noch ein Kind dazu, das zwar gerettet wurde, aber mit schweren Gehirnschäden leben muss“, so Thann. Die Studie zeigt, dass derzeit zwischen 7 und 8 Prozent der österreichischen Bevölkerung über 5 Jahre – das sind zwischen 600.000 und 700.000 Personen – nicht schwimmen können. Rund 20 Prozent der Österreicher schätzen ihre Schwimmskills als (sehr) unsicher bis mittelmäßig ein. Wie in vielen anderen Bereichen verstärkte die Pandemie auch beim Thema Schwimmen die bereits bestehenden Unterschiede in den Bevölkerungsgruppen. Sozial schwächer gestellte Bevölkerungsgruppen hatten in den vergangenen Monaten am wenigsten Möglichkeiten eine für sie sichere Schwimminfrastruktur zu nutzen.
Anteil verdoppelt: Auch Erwachsene aus der Übung!
Wie die KFV-Schwimmstudie auch zeigt, gab es nicht nur bei den Kindern eine große Veränderung bei der Intensität des Schwimmens, sondern auch bei den Erwachsenen: So hat sich der Anteil jener Erwachsener, die im vergangenen Jahr nie schwimmen gegangen sind mehr als verdoppelt (2021: 44 %; 2019: 20 %).
KFV Schwimmstudie 2021: So schwimmt Österreich (nicht)
Repräsentative Erhebung: Schwimmen und Schwimmkompetenz in Österreich. Die mehr als 2.300 Interviews wurden im April und Mai 2021 durchgeführt.
Nichtschwimmer in Österreich |
600.000-700.000 Österreicher ab einem Alter von 5 Jahren das sind 7-8 Prozent der Gesamtbevölkerung
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Schwimmfrequenz Schwimmer der letzten 12 Monate |
Kinder (bis 19 Jahre): 32% waren in den letzten 12 Monaten gar nicht schwimmen, 2019 waren es weniger als halb so viele (14 %) Erwachsene: Der Anteil der Erwachsenen die gar nicht schwimmen gegangen ist hat sich mehr als verdoppelt (2021: 44%, 2019: 20%) |
Entfallene Schwimmstunden |
Vor der Pandemie sind Schüler/innen (6-19) Jahre rd. 6.200.000 Stunden pro Semester geschwommen. Aufgrund der Pandemie entfallene Schwimmstunden: rd. 4.200.000 Stunden pro Halbjahr oder geschätzte 8.400.000 Stunden im gesamten Jahr |
Wünsche der Österreicher zur Kompetenzförderung Schwimmen (offenen Nennungen) |
Mehr Bäder und öffentlicher Zugang zu Gewässern in Österreich; Mehr und gratis Angebote an Schwimmkursen, Frauentage in Schwimmbädern, Kurse für Erwachsene |
SAFETY FIRST!
Sicherheitstipps:
− Kleinkinder müssen in und in der Nähe von Gewässern immer in unmittelbarer Reichweite beaufsichtigt werden – größere Kinder in Sichtweite.
− Achten Sie besonders bei Festen mit vielen Erwachsenen darauf, dass immer eine definierte Person für die direkte Beaufsichtigung der Kinder zuständig ist.
− Auch kleinen Kindern kann man lernen sich beim „in das Wasser schauen“ auf den Bauch zu legen. Dadurch wird das Risiko ungewollt das Gleichgewicht zu verlieren und in das Wasser zu fallen etwas reduziert.
− Kleiden Sie Kinder in gut sichtbaren Farben (Badekleidung) – im schlimmsten Fall der Fälle können Kinder unter Wasser so schneller aufgefunden werden.
− Ältere Kinder und auch Erwachsene überschätzen Ihren Schwimmkenntnissen gerne.
− Sichern Sie Pools/Biotope/Schwimmteiche mit einem Zaun mit einer selbstschließenden Tür. Dadurch wird der direkte Zugang zum Wasser verhindert.
− Alarmsysteme für Pool oder Gartenteich, die eine größere Bewegung im Wasser melden, bieten zusätzliche Sicherheit, können aber eine Aufsichtsperson nicht ersetzen.
_ Auch Erwachsene Schwimmer können sich körperlich überfordern. Schwimmbojen sind gute Helfer um sich im Falle eines gesundheitlichen Notfalls über Wasser zu halten.